
KRIEG AUS DER LUFT
im 20. und 21. Jahrhundert
Ein Vortragsabend im Militärluftfahrtmuseum
Das Militärluftfahrtmuseum / Hangar 8 am Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg wurde 2005 anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Bundesheeres der Zweiten Republik gegründet und zeigt auf 5.000 m2 Ausstellungsfläche über 25 Luftfahrzeuge aus der Geschichte der österreichischen Militärluftfahrt.
Seit dem Jahr 2012 wird es als Außenstelle des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien geführt, das seit 15.2.2023 einen neuen Direktor hat.
Auf Initiative von Vzlt iR Harald STORNIG (eingeteilter Verantwortlicher im Militärluftfahrtmuseum) und in enger Kooperation mit der Gesellschaft zur Förderung der österreichischen Luftstreitkräfte (GFL) wurde für den 20. Juli 2023 ein Vortragsabend im Militärluftfahrtmuseum mit dem Themenschwerpunkt Krieg aus der Luft organisiert, zu dem der neue Leiter des HGM, Herr Dr. Georg HOFFMANN, eingeladen hat.

Neben den beiden Vortragenden waren der stellvertretende Kasernenkommandant Obst Ewald PAPST, der Bürgermeister der Stadt Zeltweg Günter REICHHOLD, Obst iR Doro KOWATSCH von der GFL und über 120 interessierte Zuhörer aus ganz Österreich in den sehr repräsentativ zusammengestellten Hangar 8 gekommen.
Herr Mjr Roland KOBENZ, der die Moderation des Abends übernommen hat, begrüßte sie alle, lud im Anschluss an die Vorträge zu einer Diskussionsrunde ein und hat danach zu einem gemütlichen Beisammensein bei einem von der GFL gespendeten Buffet gebeten.



Die Vorträge
Luftstreitkräfte – Lage und Zukunftspläne Vom LRBFüS GOLDHAUBE zu SKY SHIELD
Bgdr Gerfried PROMBERGER hat seine fliegerische Ausbildung in der Fluggruppe 38 auf der PC-7 und der Saab 105 absolviert und hat bisher ca. 2.800 Flugstunden in seinem Flugbuch stehen.
Seit Juli 2021 ist er Kommandant der Luftstreitkräfte und in Vertretung des Generalstabschefs der Air Chief.

Er beginnt seinen Vortrag mit der aktuellen Gliederung der Luftstreitkräfte des Bundesheeres.
Sie sorgen für
die Sicherheit im Luftraum
den Schutz der Bevölkerung
die Wahrung der Souveränität der Republik Österreich
Sie werden von der Direktion 2 Luftstreitkräfte mit Sitz in der Schwarzenbergkaserne Wals bei Salzburg geführt und bestehen aus den Kommanden
Luftraumüberwachung
Luftunterstützung
Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule
Materialstab Luft
Etwa 3 500 Personen (Berufssoldaten, Zivilbedienstete und Grundwehrdiener) sind bei dieser Teilstreitkraft an verschiedenen Orten in Österreich beschäftigt und eingesetzt. 1 000 sind es etwa am Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg – davon insgesamt nur 4 Pilotinnen. Frauen aller Altersgruppen sind willkommen – da ging ein Raunen durch die Reihen!
Das Überwachungsgeschwader ist die aktive Komponente der Luftraumüberwachung. Herzstück sind die Eurofighter-Abfangjäger.
Als passives System haben wir mit „Goldhaube“ eines der leistungsfähigsten Radarsysteme in Europa und können damit Flugziele von Berlin bis Sarajevo erfassen. Im Jahr 2018 gab es 221 souveränitätsrelevante Luftraumverletzungen.
Mit dem Aufbauplan ÖBH 2032+ sind bis zum Jahr 2032 Investitionen in Höhe von 16,6 Milliarden Euro vorgesehen. Ziel ist es ein modernes Bundesheer aufzustellen, das befähigt ist, zukünftigen Bedrohungen zu begegnen und seine Bevölkerung zu schützen.
Investitionen sind unter anderem in den Bereichen der taktischen Luftmobilität und aktiven Luftraumüberwachung geplant.
Der Eurofighter soll aufgerüstet werden, damit er seine vollen Fähigkeiten als modernes Kampfflugzeug nutzen kann. Für die taktische Luftmobilität sind weitere S-70 Black Hawk und Leonardo AW-169 Hubschrauber sowie ein Ersatz für die C-130 Hercules vorgesehen. Mithilfe moderner Trainingsflugzeuge soll die eigenständige Militär-Pilotenausbildung und permanente Luftraumüberwachung bei Tag und Nacht erreicht werden. Ein weiterer Fokus liegt im Einsatz von Simulatoren mit denen das Üben spezieller Szenarien möglich ist.
Bei der bodengebundenen Luftabwehr sind neue Systeme mittlerer Reichweite bis 50 km geplant und mit mehr als 50 km erwünscht.
Der Radardatenaustausch ist eine hochwertige Ressource für die Erstellung der Luft- und Weltraumlage. Mit der Schweiz und Deutschland bestehen bereits Abkommen bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraumes gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft.
Um ein Schutzobjekt gibt es verschiedene Abfangschichten mit unterschiedlicher Reichweite und Höhe, in denen Luftfahrzeuge und ähnliche Bedrohungen abgewehrt werden können. Mit dem
europäischen Luftabwehrsystem Sky Shield kann – ähnlich wie Israels Iron Dome – der Luftraum vor eindringenden Raketen und Drohnen geschützt werden. Dafür müssen vorhandene Fähigkeiten ausgebaut und existierende Fähigkeitslücken geschlossen werden.

Krieg aus der Luft Österreich und der Luftkrieg (1914 – 1945) Ein historischer Abriss
Dr. Georg HOFFMANN hat mit 15. Februar 2023 die Funktion als Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums / Militärhistorisches Institut angetreten. Das Studium der Geschichte mit Schwerpunkt Militärgeschichte hat er in Graz summa cum laude absolviert.
Als Milizoffizier ist er dem Österreichischen Bundesheer verbunden und hat sich mit Fragen des historischen Bewusstseins und mit der Geistigen Landesverteidigung auseinandergesetzt.
Wenige Minuten nach dem Vortrag von Brigadier PROMBERGER, bei dem es um Sky Shield, bodengebundene Luftabwehr, Drohnen und Aufrüstung der Kampfjets ging, holte uns Dr. HOFFMANN mit seinem Vortrag in die Anfänge der Luftkriegsführung und dem Bombenterror im Zweiten Weltkrieg zurück.
Ausgehend von ersten Ansätzen im Ersten Weltkrieg mit Aufklärungs-flügen und Bombenabwürfen aus Ballonen hat der Luftkrieg eine rasche Entwicklung genommen – ein neuer Kriegsschauplatz hat sich entwickelt.
Für Österreich-Ungarn war der D’Annonzio-Flug am 9.8.1918 bei dem der Pilot über Wien Flugblätter abgeworfen hat ein prägendes Ereignis. Es stellte sich bald die Frage was wäre gewesen wenn….?
Ein Testfall für die deutsche Luftwaffe war der Bürgerkrieg in Spanien, in dem sich Putschisten um General Franco und Demokraten erbittert bekämpften. Ein Massaker 1937 war der Auslöser für einen Luftangriff der Legion Condor auf die baskische Stadt Guernica. Die Bomben trafen vor allem die in der Stadt zurückgebliebenen Frauen und Kinder.

Für Großbritannien und die USA war ab 1940/41 der Luftkrieg die einzige militärische Möglichkeit auf das Festland Europa einzuwirken.
Die Operation „Gomorrha“ mit dem Luftangriff am 25.7.1943 auf Hamburg hat Wellen der Angst durch das Deutsche Reich gejagt.
Es entwickelte sich ein strategischer Bombenkrieg – eine Eskalationsspirale entstand. Wer beginnt, wer reagiert.
Ab Oktober 1944 gab es täglich auch Einflüge nach Österreich. Bomben fielen vor allem auf Bahnhöfe und Schienenanlagen – das trifft auch die Zivilbevölkerung in den Städten. Sie fliehen in Luftschutzkeller.
Juden, Gefangene und andere Ausgeschlossene dürfen nicht in diese Luftschutzräume – sie erleben den Bombenhagel hautnah.
Narben des Krieges sind heute noch zu sehen. Ruinen, Waffen, Uniformen und Ausstellungsgegenstände sind stumme Zeugen.
Sie erzählen keine Geschichte. Geschichte erzählen nur Menschen.
Ihre Erinnerungen sind es die uns zeigen, wie es damals war.
Kaum ein anderer Teil der Kriegsführung im 20. Jahrhundert prägte die Kriegswahrnehmung stärker als der Luft- und Bombenkrieg .
Der Vortrag ist der Versuch die Luftkriegsforschung in neuen Ansätzen nachzuzeichnen, etwa auf welchen Ebenen der Bombenkrieg in Gesellschaften wirksam wurde, welche Verarbeitung Platz griff und wie dieser bis heute gesellschaftlich und wissenschaftlich diskutiert wird.
Die GFL bedankt sich
Für alle Anwesenden war es ein höchst interessanter Abend. Für viele war es ein Wiedersehen nach langer Zeit. Erinnerungen wurden ausgetauscht, die Vorträge besprochen und mit eigenen Erlebnissen in Zusammenhang gebracht. Am Buffet war es ein gemütliches Beisammensein bis spät in die Nacht hinein.
Bei den Vortragenden und Ehrengästen bedankt sich Roland Kobenz mit steirischem Kernöl, abgefüllt in anlassbezogen etikettierten Flaschen.


