FLUGPOLIZEI: „FLIEGEN FÜR UNSERE SICHERHEIT…“
Am 29. September hat eine – leider sträflich spärlich zählende – kleine Gruppe unseres Wiener GFL-Stammtisches eine sehr interessante Gelegenheit genutzt. Wir konnten exklusiv hinter eine tatsächlich historische ‚Fassade‘ schauen, an welcher täglich Tausende vorbeifahren ohne zu ahnen, dass sich hinter den gelben Mauern ein vollwertiger und hochmoderner Flugeinsatz- und Werftbetrieb verbirgt. Mitten in der Stadt…
Die Rede ist von der Meidlinger Kaserne, nahe der Philladelphiabrücke. Und untergebracht ist hier seit 1957 die Flugeinsatzstelle Wien/Meidling des Innenministeriums, genauer der Flugpolizei. Dazu auch die Hauptwerft für die 17 Polizeihubschrauber in ganz Österreich. Gestartet und gelandet wird auf dem ehemaligen Exerzierplatz des Standorts.

Der ‚alte Hase‘ und mit unserem Mitglied Hrn. Daniel Brenter bekannte Techniker Abt.Insp. Thomas Miny begrüsste uns wie alte Bekannte und erläuterte, dass hier in Meidling ein Hubschrauber 24 Stunden rund um die Uhr einsatzbereit ist. Er wird einerseits für die Verkehrsüberwachung oder im Sinne von „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit“ in kriminalpolizeilicher ‚Jagd‘ nach Tatverdächtigen bei größeren oder ‚öffentlichen‘ Kriminalfällen sowie bei der Suche nach Abgängigen eingesetzt. Andererseits für Überwachungsflüge im sog. staatspolizeilichen Interesse (VIP-Schutz/Eskorte, Demonstrationen, Großveranstaltungen etc.).
Eine Dependance der Meidlinger befindet sich – jeder ‚Planespotter‘ an Zaun oder Parkhaus (er)kennt den z.B. zu Zeiten von ElAl-Flügen kreisenden Heli – seit Oktober 2010 am Flughafen in Schwechat. Bedrohungsbild: „Angriffe auf die Sicherheit der Zivilluftfahrt…“ Im Zuge anstehender Baumassnahmen am Flughafen könnte oder soll jene Dependance angeblich weichen müssen – es entstand der Eindruck die ‚Qualität‘ der kolportierten Ersatzlösung würde offensichtlich wenig goutiert bzw. für praktikabel befunden…
Betrieben werden seit der Anschaffung 2008/2009 acht bzw. nun sieben moderne zweimotorige Polizeihubschrauber der Type Eurocopter (nun AIRBUS-Helicopters) EC 135 P2+, entweder als Mehrzweck-Standardhubschrauber oder ausgestattet als FLIR-Hubschrauber mit Sonderausrüstung. Sie wurden in der Standardversion erstmals bei der EURO Österreich/Schweiz 2008 zum Einsatz gebracht, die ersten zwei von vier FLIR-Maschinen (in Wien und Salzburg, sowie ein dritter in Klagenfurt) wurden 2009 in Betrieb genommen, ein vierter steht als Umlaufreserve und für Auslandseinsätze zur Verfügung. Letztere können bei Tag und bei Nacht zum Einsatz gebracht werden. Verteilt sind die 17 Fluggeräte des Innenministeriums auf insgesamt sieben Flugeinsatzstellen in Wien/Meidling (mit Außenstelle Flughafen Schwechat), in Linz, Salzburg, Innsbruck, Hohenems, Klagenfurt und Graz und der Hubschrauberflugschule in Bad Vöslau. A propos Ausland: Auf europäischer Ebene komme der Mitwirkung an Einsätzen im Rahmen der bilateralen polizeilichen Zusammenarbeit sowie der europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX zunehmende Bedeutung zu.
In Meidling ist auch das ressorteigene Schulzentrum, wo – der letzte verbliebene AB-206 B ‚Jet Ranger III‘ wird primär dazu verwendet – Exekutivbeamte zu Piloten und Luftfahrzeugwarten ausgebildet werden. Zurzeit fliegen auf den 17 Maschinen 44 Piloten, vier sind in Ausbildung. Auch die ebensolche von Flugbeobachtern und Flugrettern sowie deren gesamte Fortbildung wird von hier koordiniert und geleitet, dazu kommt die Schulung von externem Personal (also Feuerwehrleute werden zu sog. ‚Feuerwehrflughelfern‘ usw.). Sofort lokalisiert am ‚Radar‘ der Besucher war übrigens eine hübsche junge Technikerin mit offenbar sicherer Hand – Chapeau!
Fotos: Mader
Wie schon erwähnt sind vier Maschinen (OE-BXA, OE-BXB, OE-BXC und OE-BXE) zum Schutz der Bevölkerung bzw. für unsere Sicherheit zum Teil mit spezieller polizeitaktischer Ausrüstung für die Kriminalitätsbekämpfung ausgestattet. Eines deren FLIR-Systemsets wurde übrigens vom EU-Außengrenzenfonds ko-finanziert und jenes ‚fliegende Auge der Nacht‘ wäre schon so manchen Kriminellen zum Verhängnis geworden. Die Sonderausstattung umfasst ein – während des Besuches gerade wieder montiertes – SX 16 Searchlight Typus Nitesun, ein FLIR MX 15 – HDI, ein Downlinksystem und einen – allerdings schon wieder obsoleszenzanfälligen – IMSI-Catcher zur lokalen Mobiltelefon-‚Umleitung‘ auf den Hubschrauber. Das alles wird dargestellt auf einem sog. ‚polizeitaktischen Arbeitsplatz‘. Beim via FLIR bildgebenden Verfahren nimmt das Gerät eine Infrarotstrahlung wahr und wertet sie für den Benutzer bzw. Betrachter aus. Der mit der Kamera gekoppelte Suchscheinwerfer ist am linken Querträger montiert und kann nach links, rechts und unten bewegt werden. Er erhellt mit einer Leuchtkraft von 1.600 Watt – so wird auf Nachfrage erklärt – das Äquivalent etwa eines ganzen Fußballfeldes. Software-seitig wird übrigens gerade das System ‚Churchill‘ evaluiert, jenes legt am Arbeitsplatz-Monitor z.B. das IR- bzw. Videobild über ein digitales Kartendarstellungssystem a lá Google-Maps. Nachts verwendet man ‚natürlich‘ Nachtsichtbrillen (NVGs) und plattformseitig wird alles natürlich durch Autopilot und Wetterradar ergänzt. Kein Thema für die Polizei ist übrigens irgendeine Art Selbstschutzausstattung mit Laser- bzw. Raketenannäherungswarnern, man kämpft offenbar mit jedem Kilo Ausrüstung versus Flugdauer und würde zudem mit der Sensorik jeden ‚Typen‘ mit einer Einmann-Rakete oder einer RPG o.Ä. auf grosse Entfernung sehen. Nun – viele internationale Beispiele aus Konflikten mit bzw. über urbanem Gefechtsfeld bestätigen zwar das Gegenteil, man wolle in Meidling aber unsere Städte auch keinesfalls als urbanen ‚Kriegsschauplatz‘ sehen. Wozu man auch wieder zustimmen kann…
Fotos: Mader
Es ist bekannt und wurde auch erwähnt, dass 2015 einer der acht EC-135 bei einem Unfall über bzw. im Achensee verloren ging. Darüber (siehe z.B. auch https://kurier.at/chronik/oesterreich/flugpolizei-sieben-zerstoerte-hubschrauber-14-tote/245.164.438) wurde zwar nicht näher diskutiert, viel interessanter für uns GFL war aber die Zukunft. Dazu wurde erst mal aufgeklärt, dass man von jenen zu Zeiten von Innenministerin Maria Fekter angedachten zwei größeren H145 wieder ‚abgekommen‘ sei. Der personelle bzw. logistische Aufwand um in die +4 Tonnen Klasse aufzusteigen wäre in Abwägung zu Anzahl bzw. Häufigkeit der zu erwartenden Anti-Terroreinsätze mit dem SEK ‚Cobra‘ zu groß gewesen. Stattdessen sind vier weitere Maschinen in der Klasse EC-135 ausgeschrieben, man möchte natürlich die Typenkomonalität beibehalten. Zauberformel: Ummantelter Heckrotor…
Foto: Mader
In Summe ein wirklich interessanter Nachmittag, wirklich offen wurde die auch oft detailverliebte Neugier der Besucher geduldig beantwortet. Bei perfektem Herbstwetter und Schräglicht boten zudem einige Flugbewegungen höchst willkommene Fotomotive. Ein herzliches Dankeschön an Thomas Miny. Und auch Danke für die vorgefundene Kombination von uns vertrauter fliegerischer Faszination mit dem anstrengenden Profidienst an unser aller Sicherheit!
Zum Abschluss noch eine Botschaft an die im letzten Wahlkampf uns mit „Sicherheit“ zudröhnenden, künftigen Regierungsparteien: Die Rotor-Kameraden in Blau könnten – versus vieler anderer teils wunderlicher Staatsausgaben – künftig ebenso kräftig mehr Budget ‚vertragen‘ wie jene in Grün…!
Daniel BRENTER und Georg MADER
Die Flotte der österr. Flugpolizei*
3 EC 135 P2+ (Mulitrole Standard)
4 EC 135 P2+ (FLIR)
1 Bell 206 B Jet Ranger III (Ausbildung)
4 AS 350 B1 Ecureuil (Exekutiv)
2 AS 355 F2 Twin-Ecureuil (FLIR)
2 AS 355 N Twin-Ecureuil (Exekutiv)
*Das war Stand Ende 2015, NACH dem Achsenee-Unfall.
„Was liest die Flugpolizei am „Nachhause-Flug“….?“
Foto: Mader