Militärhistorischer Beitrag von Vzlt i.R. BÖSEL Kurt
Einleitung:
Anders als seinerzeit bei der Indienststellung und Stationierung der Saab J-29 „Fliegende Tonne“ in Österreich, wo man wegen fehlender Infrastruktur im Austausch fast immer die Hälfte der Flugzeuge am Airport Klagenfurt „auf Lager“ legen musste – aber auch, weil man mangels verfügbarer Piloten nicht alle Flugzeuge betreiben konnte, nahm man diesmal viel Geld in die Hand, um für die Betreiber ein ordentliches, nach allen Sicherheitsstandards gerechtes Arbeitsumfeld zu schaffen. Aber auch wegen der zu erwartenden Lärmbe-lästigung am Boden wurden geeignete Baumaßnahmen ergriffen, um für die Mitarbeiter des Geschwaders und für die Anrainer die Lärmbelästigungen auf ein Minimum zu reduzieren.
Kurzer Rückblick:
Nach der seinerzeitigen Umgliederung der Fliegerkräfte – und ich hatte mich doch statt der Fliegerschule für das Überwachungsgeschwader entschieden – galt es einmal, entsprechende Räumlichkeiten für die Bediensteten der 1. Staffel zu finden.
So kam es, dass ich mich eines Tages im alten Kontrollturm wiederfand, wo die Staffel mehr oder weniger notdürftig untergebracht werden konnte. Ich persönlich, damals noch KzlUO mit einem Büro im Zwischentrakt im Unterkunftsgebäude 6 und 7 – kam der Fliegerei schon mal näher. Zumindest einmal rein örtlich gesehen! Der Pilotenraum im 2. Stock des Kontrollturms war ja schon aus DüsSta-Zeiten vorhanden. Nun erhielt das Büropersonal im Parterre noch zwei Räume dazu, einen für den StaKdten und einen der als Staffelkanzlei diente.
Dass diese Aufteilung nicht gerade ideal war, lässt sich aus den Schilderungen erahnen – das technische Personal und die Flugzeuge waren immer schon in der Halle V untergebracht. Aber nach knapp 2 Jahren war dieses Problem auch gelöst, und die 1. Staffel (Piloten und das Kanzleipersonal) konnten in den 1. Stock des Ostanbaus der Halle V übersiedeln. Dort gab es dann adäquate Räumlichkeiten – mit Sanitärräumen, eine Kommandantenkanzlei, einer Staffelkanzlei, Piloten-Umkleide- u. Aufenthaltsraum, und einen großen Lehrsaal, der auch für die Flugvorbereitung und Briefings diente.
Das war also damals die Situation, als es dann im Jahr 1989 hieß, wir können aus der Halle V in die neu renovierten Hallen I und II übersiedeln, und damit zur Bewältigung einer neuen Arbeitsherausforderung herangehen.
Adaptierung der Halle I und II:
Nach der Kaufentscheidung Mitte der 80-er Jahre durch die Bundesregierung stellte sich sehr bald heraus, wo die neuen (gebrauchten) Abfangjäger sowie die übrigen Flugzeuge der Staffel am Fliegerhorst Zeltweg beheimatet sein werden.
Es war dies die Halle I und Halle II – im Norden der Startbahn gelegen – und dadurch etwas abgeschieden vom übrigen Flughafengelände. Doch gerade diese Lage sollte sich für den Flugbetrieb als ideal erweisen, war die Ent-fernung vom Hallenvorfeld bzw. später dann vom EB-Shelter zur Startauf-stellung auf der RWY 08/26 keine 300 m entfernt. Dies war auch hinsichtlich der 6-Minuten-Vorgabe bei den LRÜ-Starts ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Bekanntlich wurde dieser EB-Shelter erst nach dem Jugoslawien-Krieg 1992 gebaut.
Ein sozialer- bzw. zwischenmenschlicher Aspekt kam hinzu. Es ergab sich, dass
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man zur Einnahme des Mittagessen (dafür sind vom Gesetzgeber 30 Minuten vorgesehen – wir hatten damals ja auch schon eine durchgehende Dienstzeit) unbedingt mobil sein sollte, denn zu Fuß schaffte man es in dieser Zeit nicht. Entweder man hatte den Luxus eines Dienstfahrzeuges (ein Fahrrad war eher nur in der warmen Jahreszeit zu empfehlen), man fuhr mit seinem Privat-PKW oder man wurde von einem Kameraden mitgenommen.
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der Kontakt zu den Versorgungs- und Sozialeinrichtungen im eigentlichen Kasernengelände ( z.B. UO-Kasino oder Offz-Messe) durch unsere örtliche Abgeschiedenheit sehr stark eingeschränkt war. Speziell bei Schlechtwetter überlegte man es sich jetzt überhaupt „hinein zu fahren“.
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es aber dafür zu häufigen „Kontakten“ mit den zahlreichen Fans am Zaun kam, die einfach „nur Flieger schauen“ wollten.
Diese Kontakte reichten von einfachen Gesprächen bzw. Beantwortung „wann ist der nächste Draken-Start “ bis hin zum Verkauf von Staffelabzeichen oder Staffelprints. Besonders bei Übungen mit ausländischen Luftfahrzeugen gab es immer sehr dicht gedrängte „Zaungäste“.
Und es war das FlAB 2, das nun hier seinen Platz räumen musste, nachdem sie bisher diese Hallen – etwas zweckentfremdend – für das Abstellen ihres doch umfangreichen LKW-Fuhrparks benützen konnte. Da an den beiden Hallen jahrelang keine Modernisierungen vorgenommen worden sind (manche Räume wurden ja noch mit Kohleöfen beheizt), waren die Umbauarbeiten dementsprechend langwierig und auch sehr kostenintensiv.
Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass die oben erwähnten Gebäude in der Fliegerhorst-Gebäudeordnung Objekt 23 und Objekt 24 heißen.
Wenn schon von kostenintensiv die Rede ist, der neue Hallenbelag für beide Hangars war bei dem ganzen Unternehmen sicher am teuersten. Dieser Hallenbelag, auf Kunstharzbasis, bernsteinfärbig und antistatisch, wurde von einer deutschen Firma aufgebracht. Kurzzeitig gab es eine gewisse Aufregung, da der Boden anscheinend nicht den Ausschreibungsanforderungen entsprach. Eine Probeplatte wurde sogar nach Deutschland zur verantwortlichen Firma ge-schickt, diese wurde aber als den Ausschreibungskriterien gerecht befunden.
Des Weiteren wurde erstmals für Zeltweger Verhältnisse ein Alarmsystem installiert. So konnte die eigentliche Flugzeughalle (und nicht die Anbauten) nach Dienstende „scharf“ gemacht werden – beim Versuch, die Halle zu betreten, erfolgte sofort die Alarmauslösung!
Räumliche Aufteilung innerhalb des Geschwaders:
Vorneweg, wenn hier von „Hallen“ bzw. „Hangars“ die Rede ist, dann sind natürlich deren beidseitigen und hinteren Zubauten mitgemeint.
Halle I
Im Nordanbau der Halle war das Kdo/ÜbwGschw untergebracht. Im Süd- und Ostanbau die Fltechn. Kompanie. In der Halle selbst fanden die unklaren Luftfahrzeuge zur Instandsetzung ihren Platz.
Halle II
Im Nordanbau befanden sich die sogenannten „Alarmzimmer“, wo das gesamte Personal der 1. Staffel Übernachtungsmöglichkeiten vorfand, was bei größeren Übungen öfters genutzt wurde.
Im Erdgeschoß befanden sich die Räumlichkeiten für den Techn. Führungstrupp und die Bordwaffenkammer der Fltechn. Kompanie.
Der Südanbau beherbergte im 1. Stock die 1. Staffel, weitere Räumlichkeiten gab es für die Staffel auch im Parterre, wie den Pilotenumkleideraum, einen Aufenthaltsraum und einen temporären Gefechtsstand. Dazu kam dann noch ein gemeinsamer Aufenthaltsraum und ein Büro für das technische Personal, der sogenannten „Flightline“. In der Halle selbst waren immer nur die flugklaren Maschinen abgestellt.
Ein wichtiger Teil der Adaptierung betraf die Einsatzbereitschaft mit dem Waffensystem Saab J 35 Ö Draken und damit verbunden die Aufnahme als aktive Komponente ins diensthabende System. Es wurde im Bereich der Staffel ein Datenraum mit einem Alarmstartgerät und einer Direktverbindung zur Einsatzzentrale der LRÜ in St. Johann installiert. Alle Geräte waren Eigentum vom Rechenzentrum der LRÜZ. Die Geräte wurden auch von Technikern „aus dem Berg“ gewartet. Jeder Austausch z.B. von Druckpatronen erfolgte z.B. durch dieses Personal, welches dafür extra aus St. Johann anreisen musste. Weiters gehörte auch die Errichtung eines akustischen Alarmierungssystems in Form von 2 Lautsprechern dazu, die an der Außenmauer der Halle II angebracht waren. Damit erfolgt die Auslösung des Alarmstarts für die Einsatzbereitschaft.
Lärmabweiser und Sichtschutzmauer:
Da das Flugplatzareal an die öffentliche Straße Zeltweg – Flatschach angrenzt, wurde – auch aus militärischer Sicherheit – entlang dieser eine hohe Sichtschutzmauer errichtet. Innerhalb des Areals, und zwischen den beiden Hallen, wurden Lärmabweiser angebracht, um die eigenen Bediensteten vor unnötigen Triebwerkslärm, sowie die nähere Umgebung vor dem Abgasstrahl der wegrollenden Maschinen zu schützen. Diese Baumaßnahmen waren damals als absolut neu und richtungsweisend einzustufen, denn Düsenlärm hatten wir zu Fouga Magister- und Saab 105-Zeiten schon „aushalten“ müssen. Besonders das hochdrehende Düsentriebwerk bei der Fouga Magister war für jeden Außenstehenden äußerst unangenehm, so hatte es auch den Beinamen „Mäusekiller“. In den Genuss eines Gehörschutzes kam nur das techn. Personal. Alle anderen Personen, so sie sich während des Flugbetriebes im Freien aufhalten mussten, sollten sich halt die Ohren zuhalten!
Hushhouse:
Für gewisse Systemüberprüfungen am Luftfahrzeug ist es notwendig, sogenannte Triebwerks-Bodenläufe durchzuführen. Besonders wenn das Triebwerk auf Volllast gebracht werden muss, entsteht ein gewaltiger Lärmpegel.
Bisher wurden diese Bodenläufe an einem etwas abseits gelegenen Bereich im Westen des Flughafengeländes durchgeführt. Weil aber im Freien weit hörbar.
Da solche Bodenläufe beim mächtigen Draken-Triebwerk aber zu einer noch größeren Lärmbelästigung geführt hätten, wurde für diesen Zweck an-schließend an die Halle I ein eigenes Gebäude – ausgestattet mit den diversen Messanlagen – errichtet, nämlich das Hushhouse.
Das Prinzip der Lärmverminderung für die Umwelt ist dabei relativ einfach. Das zu testende Flugzeug befindet sich in einem hermetisch abgeschlossenen Gebäude, wobei der Triebwerkslärm und natürlich auch die Abgase durch eine spezielle Konstruktion mehr oder weniger im rechten Winkel nach oben ins Freie umgelenkt werden. Dafür hat dieser „Miniturm“ eine verschiebbare Abdeckung.
Man muss an dieser Stelle nochmals betonen, dass mit diesen Einrichtungen im Wartungsbetrieb seitens der Behörden sehr darauf geachtet worden ist, dass nicht nur durch die bloße Stationierung und dem damit verbundenen Flugbetrieb die nähere Umgebung soweit wie möglich von unzumutbaren Lärmbelästigungen verschont wird sondern auch dass nicht neue Lärmquellen dazu kommen.
Abschließend noch ein zeitgemäßes Luftbild, wo man die heutige Infrastruktur des Flugplatzes gut erkennen kann. Gekennzeichnet (blau) ist hier noch einmal der Bereich, der in diesem Artikel behandelt worden ist. Der weiße Fleck vor den Hallen ist nichts anderes als die Betonfläche der Ramp!
Ach ja, und so betrat man vor langer langer Zeit bei der Haupttorwache den Fliegerhorst Zeltweg – es hat sich über die Jahre doch viel getan!
Bildnachweis:
Bild 1: Lichtbildstelle FlHB 2
Bild 5,6,7,8 und 10: Vzlt i.R. BÖSEL
Bild 9: ÖBH
Bild 2,3,4,11, und 12: Internet