Militärhistorischer Beitrag von Vzlt i.R. BÖSEL Kurt (ÜbwGschw)
Einleitung:
Teil I: Historisch/geschichtliche Darstellung
Teil II: Einsatz der Fliegerkräfte – Zeitzeugenbericht
Teil III: Lehren und Konsequenzen für die Fliegertruppe
Teil IV: Wissenschaftliche Aufarbeitung
Schlusswort & Anhang: Fotogalerie vom Einsatz
Einleitung
Was war das, was sich da in jenem Frühsommer des Jahres 1991 an der steirisch/kärntnerischen Südgrenze zum neuen Nachbarstaat SLOWENIEN ereignete?
Man las vielerorts von „Konflikt in einem Vielvölkerstaat“, von „Kampf-handlungen“, garvon „Krieg an der Grenze“, in der österreichischen Militärliteratur aber auch nur von der „Slowenienkrise“, um den „Ball“ möglichst flach zu halten – wie man in der Fußballersprache zu sagen pflegt.
So breitgefächert die Bezeichnungen auch waren, so – um es elegant aus-zudrücken – „situationselastisch“ agierte man auch von Seiten der hohen Politik auf diese Situation. Dieses Handeln reichte vom eleganten „Abwarten“, über einen „Assistenzeinsatz“ hin bis zum „Befehl für den Sicherungseinsatz“.Das zeigte jedenfalls auch das parteipolitische Taktieren innerhalb der hiesigen Regierung, welches die Anfangsphase eher holprig erscheinen ließ und viel unnötige Personalumschichtungen für das verantwortliche Kommando verursachte.
Denn, lieber Leser, es gab ja immerhin Einschläge von Panzergranaten auf österreichischem Territorium (siehe Fototeil) und es gab immer wieder Luftraumverletzungen durch Flugzeuge und Hubschrauber der Jugoslawischen Volksarmee, im weiteren Text als JVA bezeichnet. Der Vollständigkeitshalber sei hier erwähnt, dass es daneben in der Literatur auch die Bezeichnung in der Landessprache „Jugoslawenska Narodna Armija“, kurz JNA, gibt.
Als einer der vielen Soldaten der Luftstreitkräfte war ich damals als GefechtsstandsUO am Fliegerhorst ZELTWEG im Einsatz, und so erlaube ich mir, diesen Einsatzverlauf auch aus meiner Erinnerung zu berichten. Darüber hinaus soll es aber auch ein wenig von der wissenschaftlichen Seite betrachtet werden. Dazu verhilft mir natürlich die Teilnahme an einem wissenschaftlichen Symposium, das im Jahr 2016 in der Kaserne STRASZ abgehalten worden ist.
Aber dass diese Ereignisse im Jahr 1991 im Vergleich zu dem, was sich in weiterer Folge bis 1999 noch ereignen sollte – und nur durch das entschlossene Einschreiten der NATO mit der Operation „Allied Force“ vom 24.3. bis 10.6. beendet worden ist, nachdem in den Jahren davor die UNO kläglich versagt hat – bloß ein „laues Lüfterl“ darstellen sollte, konnte damals wohl niemand ahnen.
Aber drehen wir nun das Rad der Zeit ein wenig zurück!
Teil 1: geschichtliche Darstellung
Die Vorgänge in Jugoslawien, die zum Ausbruch der Kampfhandlungen führten
Am 04.Mai 1980 starb der ehemalige Partisanenkommandeur und selbst-ernannter Marshall, der jugoslawischen Staatspräsident Josip Broz TITO, der das Land seit 1945 regierte – und das für einen Kommunistenführer auf eine doch sehr eigene Art und Weise. Obwohl anfänglich sehr eng mit der Sowjetunion verbündet, kam es am 01. März 1948 dann endgültig zum ideo-logischen Bruch mit MOSKAU, nachdem sich dies ab 1947 schon abzuzeichnen begann, als TITO mit BULGARIEN eine eigene Balkanföderation anstrebte. 1949 eskalierte dieser Disput zwischen STALIN und TITO, die Sowjetunion begann Truppen an den angrenzenden Ostblockstaaten zu stationieren, was BELGAD sogar veranlasste. Kriegsvorbereitungen zu treffen. Als aber die USA eine Unterstützungserklärung für den Fall eines sowjetischen Angriffes abgaben, flauten die Spannungen bald ab. Der jugoslawischen Bevölkerung blieb jedenfalls damit die „Aufnahme“ in den WARSCHAUER PAKT mit all ihren negativen Folgen erspart.
Im eigenen Land verstand es der Präsident jedenfalls, den ethnischen Viel-völkerstaat JUGOSLAWIEN zu einem festen Staatsgefüge zu formen. Dazu verhalf ihn, dass er einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen dem industria-lisierten Norden und dem ärmeren Süden, geprägt von hoher Arbeitslosigkeit zustande brachte.
Dadurch entstand eine gewisse „Zufriedenheit“ in der Gesamtbevölkerung. Nur- in einem kommunistischen System muss man sich das halt so vorstellen „Jeder hat nicht viel, aber Alle haben das Gleiche“. TITOs Bestreben galt aber auch von Anfang an, schwächere Volks-u. Religionsgruppen gegenüber den stärkeren ethnischen Gruppen zu stärken. Was wiederum auf die bevölkerungs-stärkste serbische Volksgruppe zielte, um hier ein Übergewicht zu vermeiden. Es gab zwar im Jahr 1971 mit dem sogenannten „Kroatischen Frühling“ zarte Versuche, sich aus dem Bundesstaat gewisse Eigenständigkeiten heraus zu holen, diese wurden aber sehr bald wieder im Keim erstickt.
Jedem politisch denkenden Menschen war jedenfalls nach TITOs Tod auch klar, dass auf das Land sehr bald unruhige Zeiten zukommen werden und die Einheit des Bundesstaats in Gefahr war.
Interessant auf alle Fälle ist aber, dass aus dieser Zeit in Österreich noch etwas erhalten blieb – nämlich die Ex-Präsidentenmaschine von TITO, die über mehrere Stationen schließlich bei den „Flying Bulls“ des MATESCHITZ-Konzerns RED BULL im wahrsten Sinn des Wortes landete. Hier sieht man die Douglas DC-6, den letzten kolbengetriebenen Atlantikclipper, im Jahr 2000 am FlH ZELTWEG noch in der Bemalung des Vorbesitzers, der AIR TRAVEL „Classic“, bevor sie – im Inneren umfassend restauriert – zur fliegenden RED BULL-Dose wurde.
Und die unruhigen Zeiten sollten bald kommen. Besonders die Serben im Lande witterten nun Morgenluft. Besonders im KOSOVO kam es 1980 durch hohen Bevölkerungszuwachs, mangelnde wirtschaftliche Erfolge und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit bald zu sozialen und ethnische Unruhen. Die Konflikte führten zu einer Polarisierung zwischen den KOSOVO-ALBANERN und den SERBEN, dies begünstigte wiederum das Erstarken von Nationalismen auch in den anderen Teilstaaten.
Mit der Übernahme der Präsidentschaft durch den Belgrader KP-Führer Slobodan MILOSEVIC im Jahr 1989 setzten sich in Serbien mehr und mehr nationalistische Kräfte durch. Teilweise mit Hilfe von Verfassungs-u. Gesetzes-änderungen übernahmen sie sukzessive die Herrschaft, dies führt wiederum auch in anderen Teilstaaten zum Erstarken nationalistische Kräfte.
Weitere Anzeichen für kommende Unruhen war die Tatsache, dass MILOSEVIC 1989 das Gedenken an die „Schlacht am Amselfeld 1389“ für seine serbisch-nationalistischen Ambitionen instrumentalisierte.
Im heutigen Kroatien kam es 1990 nach dem Wahlsieg der dortigen National-isten zu Massenentlassungen von ethnischen Serben. Und fast im Gegenzug dazu wurde am 28. Februar 1991 in der Stadt KNIN die „Serbische Autonom Provinz Krajina“ ausgerufen, mit den typischen Begleitererscheinungen, dass einerseits kroatische Familien vertrieben und andererseits serbische Flüchtlinge aus anderen Regionen aufgenommen worden sind, um Mehrheitsansprüche stellen zu können.
Auf dieses ethnische „Rumoren“ reagierte Belgrad bzw. die JVA insofern, indem im Frühjahr 1991 eine Stabsübung (= ein Durchspielen von Einsatzszenarien OHNE Truppenteile) mit dem sehr bezeichnenden Decknamen „BEDEM 91“, was so viel wie „Schutzwall 91“ heißt, abgehalten worden ist. Damit wollte man sich auf einen zu erwartenden Konflikt mit einzelnen Teilstaaten vorbereiten. Diesbezügliche Pläne sollen im März in slowenische Hände geraten sein. Und in den Tagen nach der Unabhängigkeitserklärung wurden gleichlautende Unter-lagen samt Kartenmaterial bei einem JVA-Panzerkommandanten gefunden – wie der slowenische Militärexperte Anton BEBLER zu berichten weiß. Dieser „geheime und streng vertrauliche“ Plan für kommende militärische Operat-ionen enthielt auch Informationsmaterial für die Mannschaften. So wurde den JVA-Soldaten erklärt, Slowenien und Kroatien würde nach der Unabhängigkeits-erklärung die Nachbarländer und die NATO „einladen“, um militärisch in Jugoslawien zu intervenieren.
Internationale Reaktionen auf diese Vorgänge in JUGOSLAWIEN
Die waren, um es vereinfacht auszudrücken, nicht überwältigend. Die USA mischten sich vorerst einmal überhaupt nicht ein, die Sowjetunion war zu dieser Zeit ja mit ihrer eigenen Auflösung beschäftigt.
Blieb also die seinerzeitige EG. Auch hier meinte man vielerorts, am besten sei es, wenn es so bleibt wie es ist. Erst die deutsche CDU mit Bundeskanzler Helmut KOHL entsann sich der eigenen deutschen Geschichte mit der Wieder-vereinigung beider deutscher Staaten und pochte sehr bald auf das Selbstbe-stimmungsrecht der Staaten.
Auffällig in den Zusammenhang ist für mich jedenfalls, dass alle Linksparteien ungefähr derselben Meinung sind: „Gut für das Volk ist nicht, was das Volk will, sondern was der Partei guttut.“
Und wie reagiert Österreich auf dieses Säbelrasseln?
Dem obigen Zitat ähnlich waren im Vorfeld der Ereignisse auch die ersten Reaktionen von SPÖ-Bundeskanzler Franz VRANITZKY, der immer noch für einen Status Quo eintrat. Ganz im Gegensatz dagegen pochte der ÖVP-Außenminister Alois MOCK vehement für das Selbstbestimmungsrecht von Völker bzw. ethnischen Volksgruppen.
Am 7. Mai erklärte jedenfalls der ÖVP-nahe Verteidigungsminister Werner FASSLABEND nach einer Ministerratssitzung, man verfolge die sprunghaft ansteigenden Spannungen im südlichen Nachbarland mit Besorgnis, es bestehe aber noch kein Anlass, für eine nach Außen sichtbare Aktivität des Bundes-heeres. Das wiederrum lässt den Umkehrschluss zu, dass innerhalb von Heereskreisen nicht sichtbare Maßnahmen sehr wohl getroffen worden sind!
So verwies der Minister auf den Ende März erfolgten Beschluss der Bundes-regierung, die Anzahl der Assistenz-soldaten bis auf 4000 Mann zu erhöhen. Da in etwa 1900 Soldaten an der Grenze zu Ungarn gebunden waren, war die Möglichkeit gegeben, etwa 2100 Mann an die jugoslawische Grenze zu verlegen.
Diese „vorbereitenden Maßnahmen“ berührten – nach meiner Wahrnehmung – die Luftstreitkräfte vorerst einmal nicht sehr. Dementsprechend erschien es mir dann, als der Konflikt losging, dass eher überhastet reagiert werden musste.
Dabei wäre aber von den verantwortlichen Kommanden doch zu bedenken gewesen, dass Luftstreitkräfte kaum oder gar nicht über Reserven verfügen, und man mit dem auskommen muss, was an qualifiziertem Personal (wozu jahrelange Ausbildung notwendig ist) zur Verfügung steht – egal, wie lange der Einsatz dauern sollte. (Einzige Ausnahme waren ein paar Milizpiloten für das Verbindungsflugzeug CESSNA L-19). Dies sollte sich spätestens bei der An-ordnung und Durchführung einer durchgehenden Einsatzbereitschaft für unsere Abfangjäger drastisch zeigen!
Sehr bezeichnend für die Lagebeurteilung war jedenfalls auch, als am 23. Juli, also 2 Tage vor der Ausrufung der Unabhängigkeit Sloweniens sich in WIEN der Landesverteidigungsrat zusammensetzte, um über die Empfehlung des Rechnungshofes bezüglich der Auflösung des Armeekommandos (AK) zu debattieren.
Und am Rande (sic!) wurde doch auch tatsächlich über die Lage in Jugoslawien beraten, wo doch Jedermann klar sein musste, dass diese „Suppe“ bald zum Überkochen kommen musste. Dabei wurde jedenfalls die „Bereitschaft be-kundet, „die vorbereitenden und koordinierten Maßnahmen je nach Bedarf abzurufen“!
Von Bundeskanzler VRANITZKY kam schließlich noch der dringende Appell an alle Kräfte in Jugoslawien, „die Probleme friedlich und gewaltfrei auszutragen“, der jedoch, wie man dann sah, wirkungslos in der Bergwelt des Balkans ver-puffen sollte!
Wie oben erwähnt, waren die Luftstreitkräfte kaum bis gar nicht in die „vorbereitenden Maßnahmen“ involviert. In der 1. Staffel/ÜGschw machte man weiterhin Flugbetrieb „as usual“, ohne jegliche Schwerpunktsetzung auf einen möglichen Konflikt an der Südgrenze.
Aber immerhin, durch das Innenministerium wurden die zivilen Sicherheits- behörden alarmiert und etwa 550 Polizisten und Gendarmen – wohl auch zur Unterstützung der Zollbeamten – an die Grenze verlegt. Es schien anfangs, also ob man sich mit der Aufbietung von zivilen Sicherheitspersonal dem drohenden Konflikt entgegenstehen wolle.
Angesichts dieses Szenarios mutet es aus heutiger Sicht und angesichts des zuvor vom Verteidigungsminister abgegebener Beteuerung, „..das wir (das Bundesheer) jederzeit zu einem Großeinsatz bereit wären, falls sich die Lage verschärfen sollte..“, aber doch kontraproduktiv an. Da war die Ablehnung der Bundesregierung, die Entlassung der voll ausgebildeten Grundwehrdiener des ET. Jänner1991 aufzuschieben – was komplett im Gegensatz zur Entscheidung 1968 bei der Tschechenkrise stand, als man die Grundwehrdiener erst nach ca. 3 Wochen abrüsten ließ. Auch die Kärntner Milizsoldaten des Landwehr-stammbataillon 711, die gerade ihre Truppenübung beendet hatten, wurden wieder in die Reserve entlassen. Ebenfalls zum gleichen Zeitpunkt beendete die TherMilAk ihre Abschlussübung in Kärnten, und auch diese Soldaten ließ man wieder nach Wr.Neustadt in die Garnison rückverlegen. Das Militär also am Gängelband der Politik, könnte man sagen. Im Nachhinein rechtfertigte sich die Politik mit „gesetzliche Grauzonen“, die den Übergang von einer Übung direkt in einen Einsatz anscheinend nicht zuließen.
In dieser Hinsicht war die politische/militärische Führung jedenfalls nicht „situationselastisch“. Man wollte an einem fixen Stufenplan festhalten, vom „Assistenzeinsatz“ auf Anforderung der zivilen Behörden an der Grenze bis zum nächsthöherem „Sicherungseinsatz“, der aber ab einer gewissen Größe eine Teilmobilisierung notwendig gemacht hätte.
Doch bald sollte uns die Entscheidung über das Handeln bzw. Nichthandeln ohnehin aus der Hand genommen werden.
Die Krise spitzt sich zu: SLOWEWNIEN wird ein eigner Staat
Aufgrund der Dichte der Ereignisse in den folgenden Tagen und dem Ein-schreiten des österreichischen Bundesheeres will ich den weiteren Verlauf nun Tag für Tag darstellen
, wobei es immer zu einer Art Gegenüberstellung der Aktionen zwischen Jugoslawien und Österreich kommt.25. Juni 1991, Dienstag: Slowenien und Kroatien erklären formell ihre Unabhängigkeit. An allen Grenzübergängen zu den Nachbarstaaten wie z.B. Österreich und Italien werden dementsprechende Hinweisschilder aufgestellt. Zolleinnahmen werden nicht mehr an die Zentralregierung in Belgrad abgeliefert.
26. Juni 1991,Mittwoch: In Laibach finden die Feierlichkeiten zur Unab-hängigkeitserklärung statt. Von Österreich nehmen zwar keine Minister daran teil – ÖVP-Wissenschaftsminister Gerhard BUSEK wird seitens des Bundes-kanzlers „überredet“, auf eine Teilnahme zu verzichten – wohl aber namhafte Politiker aus der „zweiten Reihe“ wie der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Andreas Khol, die ÖVP-Landeshauptleute Dr. Josef Krainer, Josef Ratzenböck und Christoph Zernatto sowie sein SPÖ-Stellvertreter Peter Ambrozy und der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk.
Ob diesen Politikern dabei bewusst oder bekannt war, dass die Zentral-regierung in Belgrad auf diese einseitige Aktion eines Bundesstaates mittler-weile ihre JVA-Verbände in Slowenien und Kroatien in höchste Alarmbe-reitschaft versetzt hat und mit Waffengewalt reagieren will? JVA-Flugzeuge flogen jedenfalls zeitgleich zu den stattfindenden Feierlichkeiten demonstrativ im Tiefflug über Laibach und anderen größeren Städten Sloweniens. Also zumindest gehört haben müssen sie den Fluglärm schon.
27. Juni 1991, Donnerstag: Die Zentralregierung in BELGRAD macht ernst.
Ein mechanisierter Verband der JVA fährt von MARBURG in Richtung zur Staats-grenze bei Spielfeld. Einzelne kleinere Einheiten fahren zu faktisch allen Grenzübergängen zu Österreich. In BELGRAD starten MiG 29 der JVA, um den Flughafen Laibach zu bombardieren.
Aber auch der neue Staat zieht „blank“. In einer Krisensitzung um 05:00 Uhr morgens beschloss die slowenische Regierung gegen die JVA-Einheiten bewaffnet vorzugehen. Minister-präsident Milan KUCAN erklärt in einer Fernsehansprache, dass die Territorialverteidigung (TO) den Befehl erhalten habe, „ihre Waffen zu gebrauchen, um die Souveränität Sloweniens zu ver-teidigen. Mit „ihre Waffen“ sind jetzt wohl diejenigen gemeint, die Jahre zuvor vom „slowenischen Geheimbund“ heimlich eingekauft worden sind!
Zu weiteren Kampfhandlungen kommt es bald auch an den Grenzübergängen in SICHELDORF, am Seebergsattel und BLEIBURG/GRABLACH. Auch erfolgen Luftraumverletzungen durch JVA-Hubschrauber im Raum Spielfeld. Und, die ersten Gefechte zwischen JVA-Kräften und Territorialtruppen fordern die ersten Toten und Verletzten.
Angesichts dieser Tatsachen fordern die Landeshauptleute von Steiermark und Kärnten in den Abendstunden den dringenden Einsatz von Assistenz-Bataillone des Bundes-heeres. Besonders der steirische Landeshauptmann fordert die demonstrative Präsenz des Bundesheeres – zu Luft und am Boden ( „Show of Force“) – an der Grenze, um das Sicherheitsbedürfnis der Grenzbevölkerung zu befriedigen. Ironie des Schicksals, dass gerade Dr. Josef Krainer der Politiker war, der angesichts der Drakenstationierung in der Steiermark zu Demos gegen diese Maßnahme aufrief.
Und angesichts dieser dramatischen Entwicklungen in Slowenien reagiert erstmals die österreichische Heeresführung. Verteidigungsminister Fassabend ordnet für die grenznahen Garnisonen einen durchgehenden Bereitschafts-dienst ( 24-Stundendienst) an und beendet damit die bloßen Willenskund-gebungen der Bundesregierung. Und auch das Armeekommando reagiert auf die Lageverschärfung.
Es bereitet entsprechend den Einsatzvorbereitungen parallel einen Assistenz-einsatz (gem. §2, Abs.1, lit.b des Wehr-gesetzes) mit präsenten und einen Sicherungseinsatz (gem. §2, Abs. 1, lit.a) mit mobilzumachenden Truppen vor.
Dies waren einerseits einer der letzten Anordnungen dieses Kommandos vor deren Auflösung, andererseits sollte es dann aber doch zu keiner Mobil-machung kommen.
Immerhin tat unsere Bundesregierung einen weiteren mutigen Schritt, indem sie unter Berufung auf die 1. Stufe des „KSZE-Mechanismus betreffend unge-wöhnlicher militärischer Aktivitäten“ eine formelle Anfrage an BELGRAD stellte. Eine Antwort sollte innerhalb von 48 Stunden erfolgen.
28.06.1991, Freitag: Auch bei den Luftstreitkräften sickert es schön langsam durch, dass die Zeit des Zuwartens und Zuschauens bald vorbei wird. Um 11:15 wird der österreichische Luftraum bei einem JaBo-Angriff der JVA gegen Maß-nahmen der slow. TO im Raum Spielfeld wiederum massiv verletzt.
ANMERKUNG: Am 27. und am 28. Juni wird der österreichische Luftraum in 10 Fällen durch insgesamt 13 Luftfahrzeuge verletzt. Nach dem vermehrten Einsatz unserer Abfangjäger nahmen die Luftraumverletzungen schlagartig ab. Bis Einsatzende am 31. Juli kam es nur mehr in 2 Fällen zu einer Grenzverletzung in der Luft.
agdbomber drehen über österreichischem Gebiet ein, um die slowenischen LKW-Sperren an der Grenze von Norden her angreifen zu können. Dieses Flugmanöver sollte immerhin verhindern, dass ein versehentlicher Beschuss österreichischen Gebietes statt-findet. Die Zuspitzung der Lage veranlasst zu Mittag offen-sichtlich den GschwKdten Oberst Friedrich Sparrer dazu, mit einer Saab 105 OE nach GRAZ-THALERHOF zu fliegen, um dort vorbereitenden Maßnahmen für einen möglichen Einsatz der Drakenflotte zu besprechen.
Aber auch beim Karawankentunnel, LAVAMÜND/-UNTERDRAUBURG, SICHELDORF und BONISDORF kommt es zu teils schweren Kämpfen zwischen den beiden Konflikt-parteien. Kämpfe zwischen der JVA und der TO finden faktisch, von österreichischer Seite nicht einsichtbar, in ganz Slowenien statt. Überdies fliegt die jugoslawische Luftwaffe zahlreiche Angriffe, vor allem auf Sperren der TO und strategische Kommunikationsanlagen.
Demgegenüber beschließt unsere Bundesregierung bei einer Sitzung des Krisenstabes am Vormittag (sic!), weiterhin keinen Bundesheereinsatz durch-zuführen. So wollte man vermeiden, dass durch eine verstärkte Präsenz des Bundesheeres in Grenznähe jugoslawische Kräfte zu „unkontrollierten und unerwünschten“ Maßnahmen provoziert würden.
Dieses Hinhalten wollen die Landeshauptleute von Steiermark und Kärnten wiederrum nicht hinnehmen, und intervenieren neuerlich unüberhörbar, einen Einsatz des Bundesheeres durchzuführen.
Es war dann exakt 13:40, Oberst Sparrer war gerade im Landeanflug auf den Flughafen THALERHOF, als ein JVA-Jet, eine Aufklärerversion einer MiG 21 im Tiefflug über die Piste flog, im Norden umdrehte und wieder Richtung slowenischer Grenze zusteuerte. Bis heute ist jedenfalls unbekannt, welchen Auftrag dieser Pilot hatte, oder was BELGRAD mit diesem provokanten Über-flug bewirken wollte.
Nicht zuletzt durch diese Aktion, die das Vertrauen der Bevölkerung in eine effektive Landesverteidigung stark erschüttert, beschließt die Bundesregierung in einer weiteren Krisensitzung, präsente Truppen für einen Sicherungseinsatz gem. §2, Abs.1, lit.a einzusetzen. Mit diesem MiG21-Überflug war letztendlich bei SPÖ-Bundeskanzler Vranitzky doch eine „rote Linie“ (sic) überschritten worden.
Diese Aufbietung an Einsatzkräften erfolgte zwar im Widerspruch zu den bis-herigen Vorbereitungen für eine (Teil)-Mobilmachung, kam aber aus dem Um-stand zustande, dass nach Einschätzung des HNA (Heeresnachrichtenamt), dass von jugoslawischer Seite keine Absichten bestünde, auf österreichisches Territorium überzugreifen.
Durch diese Lageänderung kommt es zum raschen, um nicht zu sagen, über-hasteten Entschluss, alle flugklaren Saab S 35 OE Draken von ZELTWEG nach GRAZ/ THALERHOF zu verlegen, um von dort eine durchgehende Luftraumüber-wachung aufzubauen. In weiterer Folge wird auch das JaBo-Geschwader alarmiert, ihre Saab J 105OE nach ZELTWEG zu verlegen, um von dort be-waffnete Aufklärung entlang der Grenze zu fliegen. Unterstützt wird die 105-Staffel dabei von Pilatus PC 7 – Trainer, die, ebenfalls bewaffnet mit Bord-kanonen, dieselbe Mission durchführen sollen.
Leicht sollte sich der Einsatz der EB-Rotte für unsere Drakenpiloten nicht gestalten, soviel kann man an dieser Stelle schon sagen. Nicht, dass sie dieser Aufgabe nicht gewachsen gewesen wären, war es für sie durch die tagtägliche Gestellung der aktiven Komponente der Luftraumüberwachung ja ein Routine-job. Aber hier ging es erstmals gegen einen militärischen Feind, und nicht, so wie bei der Luftraumüberwachung, und das noch dazu in Friedenszeiten, zu 90 % um Zivilflugzeuge. Und man sollte sich auch vergegenwärtigen, dass das Waffensystem Saab J 35 Ö Draken ja erst 1988 im Überwachungsgeschwader eingeführt worden ist. Luftkampfverfahren mit einem über-schallschnellen Jet mit „Dogfight“-Eigenschaften waren erst in der Entwicklung oder Erprobung. Wobei aber auch zu berücksichtigen war, dass bis dahin die einzige Bewaffnung die 30mm Bordkanone mit einer bescheidenen Reichweite von max. 400 m hatte. Was dies hieß, wenn der Gegner über Lenkwaffen verfügte mit einer Reich-weite von 3-4 km, war den Einsatzpiloten nur zu gut bekannt. Schluss-endlich waren es einfach auch die vielen negativen Begleiterscheinungen – darunter die eklatante Unterbesetzung an Einsatzpiloten sowie die mangelnde Infrastruktur auf einem Einsatzflughafen, alles Gründe, die nicht im eigenen bereich angesiedelt waren – aber davon mehr im Teil II eines Zeitzeugen.
Zeitgleich mit dieser Maßnahme werden auch mobile Mittelbereichsradar-stationen zur Verdichtung der Radarbeobachtung im Grenzraum befohlen. So ist es möglich, von der Anlage am KULM bei WEIZ jede Flugbewegung bis in den Raum von BELGRAD zu beobachten, und dadurch einen Überraschungsmoment für die eigen Luftverteidigung auszuschalten.
Darüber hinaus stellen Fliegerabwehrkräfte den Schutz von Einsatzflugplätzen sicher (GRAZ u. ZELTWEG)
, eine Sperre des steirischen und des kärntnerischen Luftraumes für Zivilluftfahrzeugen wird verfügt.Demgegenüber erklären beide Konfliktparteien eher überraschend ihre Bereit-schaft, ab 2100 Uhr einen Waffenstillstand einzuhalten.
29.06.1991, Samstag: Um 05:00 Uhr erfolgt der Korps-Befehl an die einge-setzten Truppen, deren Stärke mittlerweile auf ca. 5000 Mann (inclusive Luftstreitkräfte und Führungspersonal) angewachsen ist. Bis zu Mittag haben schließlich alle Verbände ihre detaillierten Einsatzbefehle erhalten. Daraufhin erfolgen den ganzen Tag über Um-strukturierungen der für einen Assistenz-einsatz ausgerüsteten Soldaten! Das österreichische Bundesheer war wieder mal mit sich selbst beschäftigt – ich persönlich sollte das Jahre später als Teilnehmer einer NATO-PfP-Übung in POLEN hautnah wieder miterleben. Man hätte sich diesen aufwendigen Arbeitsaufwand ersparen können, hätte man die voll ausgebildeten und ausgerüsteten Milizsoldaten des LW-Bataillon 711 aus LAVAMÜND (sic!) nach Abschluss ihrer routinemäßigen Ausbildungsübung nicht planmäßig abrüsten lassen.
Auf der Gegenseite protestiert jedenfalls die Führung der JVA gegen den Ein-satz der österreichischen Streitkräfte und verlangt die Rücknahme der einge-setzten Truppen aus dem grenznahmen Bereich. Und der große Friede ist auch noch nicht ganz ausgebrochen, so kommt es weiterhin zu Kämpfen am Grenz-übergang Spielfeld und JVA-Einheiten müssen sich am Flughafen BRNIK (bei Laibach) den angreifenden TO-Kräften ergeben.
Und noch eine Meldung von der diplomatischen Front. Die jugoslawische Bundesregierung erteilt innerhalb von 48 Stunden die formelle Antwort auf die österreichische KSZE-Anfrage. Darin verweist die jugoslawische Regierung darauf, dass die milit. Maßnahmen in verfassungsgerechter korrekter Art und Weise zur Grenzsicherung erfolgten. Gleichzeitig wird nochmals gegen den österreichischen Truppenaufmarsch harsch protestiert.
30.Juni 1991, Sonntag: Trotz des am Freitag ausgehandelten Waffenstillstand droht die JVA der slowenischen Führung mit Luftangriffen auf LAIBACH. Kampfhandlungen finden weiter-hin in ganz Slowenien statt. Die TO erobern den Grenzüber-gang Karawankentunnel und die JVA-Garnisonen in DRAVO-GRAD, TOLMIN und BOVEC im Isonzotal ergeben sich.
Auf Seiten Österreichs beginnt durch Auslösung der Alarmstufe II b die Vorbereitung für die Mobilmachung der 5. und 7. Jägerbrigade (Steiermark bzw. Kärnten). Das dafür vorgesehene Personal befindet sich aber seit dem Vortag mit Masse mit den Alarmkompanien ohnehin schon im Einsatz, was wiederum zu Personalumschichtungen führte.
Unter Vermittlung der „Troika“ der EG (Jahre danach sollte sich diese Institution unter EU-Flagge mehrmals mit der Zahlungsfähigkeit von GRIECHENLAND beschäftigen) einigen sich jugoslawische, kroatische und slowenische Vertreter schließlich auf einen Kompromiss. Der Kroate Stjepan „Stipe“ MESIC soll turnusmäßig zum Vorsitzenden des Staatspräsidiums gewählt werden und die Unabhängigkeitserklärung-en Kroatiens und Sloweniens für 3 Monate ausgesetzt werden. Alle JVA-Truppen sollen wieder in ihre Kasernen zurückkehren.
1. Juli 1991, Montag: Und wieder kommen verbale, teils skurrile An-schuldigungen aus Jugoslawien. So beschuldigt der Kommandant des 5. Armeebereiches der JVA, General-leutnant Andrija RASETA, Österreich, dass unsere Truppen gemeinsam mit den slowenischen TO die Kräfte der JVA einkreisen würden. Um diese unhaltbaren Vorwürfe zu entkräften, werden noch am selben Tag die in WIEN akkreditierten Militärattaches, darunter auch der jugoslawische, in das Grenzgebiet geführt, wo sie sich selbst ein Bild von der Lage machen können.
Doch abseits dieser jugoslawischen Inszenierung spitzt sich die Lage doch noch einmal dramatisch zu. So informiert die JVA-Führung das jugoslawische Prä-sidium, dass die begrenzte Operation zur Sicherung der slowenischen Grenze missglückt sei und fordert die Ausrufung des Kriegsrechts sowie die Autori-sierung für eine großangelegte Operation!
Das jugoslawische Präsidium verweigert dies aber zum großen Erstaunen der militärischen Führung. So hat also doch noch – vorerst jedenfalls – die Vernunft gesiegt.
Das KorpsKdo I ist immer noch damit beschäftigt, die Truppengliederung dem Einsatzbefehl des BMLV anzupassen, was kurzzeitig zu einer Verminderung der Einsatzbereitschaft führt. Teilweise wären Berufsoldaten ja „doppelt“ eingeteilt gewesen. Nichtdestrotz werden weitere Einheiten aus dem Bereich der 9. PzGrenBrig aus NIEDERÖSTERREICH zugeführt, sodass eine Gesamtstärke von 6.500 Soldaten erreicht ist. Interessant in dem Zusammenhang ist, das die Mannstärke der Fliegerkräfte immer extra erwähnt wird.
Unberührt von diesen Personalrochaden im Bereich der Landstreitkräfte läuft am FlH GRAZ/THALERHOF die Luftraumüberwachung mit unseren Abfangjägern mit Sitzbereitschaft rund um die Uhr. Hier läuft alles mehr oder weniger routinemäßig und ohne Personalrochaden ab. Rechtliche Benennungen wie „Alarmstufe II b“ oder „Mobilmachungsmaßnahmen“ spielen keine Rolle. Auch ein Vorteil, wenn man so will.
2. Juli 1991, Dienstag: Trotz des zwischen JVA und den TO-Kräften ausge-handelten Waffenstillstand gehen die Kämpfe weiter. Bei UNTERDRAUBURG auf slowenischer Seite greifen JVA-Einheiten die TO-Kräfte an, um ihre von slowenischen Soldaten eingeschlossenen Einheiten freizukämpfen.
TO-Kräfte attackieren ihrerseits JVA-Kräfte im Raum SENTILJ/SPIELFELD sowie bei MURECK und erobern beide Grenzübergänge.
Die Konfliktparteien einigen sich darauf neuerlich auf einen mit 21:00 be-ginnenden Waffenstillstand.
Trotz der anhaltenden Kämpfe im Nachbarstaat bleibt die Bundesregierung bei der Empfehlung, das Armeekommando aufzulösen – und das in einem laufenden Einsatz. Die Auflösung erfolgt durch den Verteidigungsminister und wird mit 24:00 schlagend, die bisherigen Aufgaben werden dem Einsatzstab des Generaltruppeninspektors übertragen! Ideal war der Zeitpunkt für diese organisatorische Maßnahme sicher nicht, da man ja von einer gewisse Einarbeitungszeit ausgehen kann.
3.Juli 1991, Mittwoch:Die JVA setzt divisionsstarke mechanisierte Kräfte aus dem Raum BELGRAD nach Norden in Marsch. Diese Truppen beziehen aber Stellung in Kroatien bzw. an der serbisch-kroatischen Grenze und rücken nicht weiter Richtung Grenze vor.
Österreichs Führung befiehlt die Zuführung einer weiteren adäquat ausge-statteten Kampfgruppe (KG 9) nach Kärnten. Damit wird der Höchststand an im Einsatz befindlichen Soldaten von ca. 7.400 Mann erreicht.
4.Juli 1991, Donnerstag:Der Waffenstillstand wird nun überwiegend ein-gehalten.
ZEITSPRUNG
7. Juli 1991, Sonntag:Auf der Insel BRIONI – vormals die „Privatinsel“ von Staatspräsidenten TITO (inclusive Wild-gehege mit Elefanten und Giraffen) finden unter Patronanz der EG Friedensverhandlungen statt. Die JVA soll die Grenz-übergänge an Organe der selbständigen Republiken über-geben, diese sollen aber im Gegenzug die Zolleinnahmen weiterhin an die Bundesregierung in BELGRAD abliefern.
Zur Überwachung der Lage und des Rückzuges der JVA-Kräfte wird die Entsendung einer zivilen EG-Beobachtermission von 30 bis 50 Mann vereinbart.
8. Juli 1991, Montag: Das Bundesheer hebt die Alarmstufe II B. auf.
9. Juli 1991, Dienstag: Es beginnt die Reduzierung der ein-gesetzten Kräfte auf 3 bataillonsstarke Kampfgruppen. Die Einsatzbereitschaft zur Luftraumüberwachung wird auf ein lageentsprechendes Niveau heruntergefahren. Insgesamt verbleiben noch ca. 2.800 Mann im Einsatz.
ZEITSPRUNG
25. Juli 1991, Donnerstag: Da eine weitere Entspannung in Slowenien erkenn-bar wird, ordnet Verteidigungsminister Dr. Fassabend die Zurücknahme der in Grenznähe zu Slowenien eingesetzten Kräfte an.
31. Juli 1991, Mittwoch: Um 2400 Uhr endet der Einsatz für alle österreich-ischen Streitkräfte. Als Rechtfertigung od. Erklärung für die letztendlich doch langen Einsatzdauer – immerhin hielt der Friedensvertrag schon eine Zeitlang – wird von den Verantwortlichen ins Feld geführt, dass während dieser Zeit immerhin die Pistenverlängerung am Flughafen ZELTWEG abgeschlossen werden konnte.
Summerie über den Sicherungseinsatz
– Max. Särke: 7.700 Mann (incl. Fliegerkräfte)
1.400 Kraftfahrzeuge
150 Kettenfahrzeuge
60 Luftfahrtzeuge
- Flugleistung: 150.000 km/1000 Flugstunden *)
Bis zu 60 Einsätze je Tag
- Eisenbahntransporte: 41 Sonderzüge
725 Waggons
24.000 t Gesamttransport
– Zahlung für Unterkünfte: 11 Mill. Schilling
– Einkauf für Verpflegung: 9,7 Mill. Schilling
– Ausfälle von Waffen/Kfz: 0
– Disziplinarfälle: 20 Bagatellfälle
1 Gerichtsverfahren**)
*) Unübliche Darstellung von Flugleistungen durch Landstreitkräfte. Normalerweise sollten hier Flugstunden/Starts stehen!
**) Anm. Dabei handelte es sich um die Anzeige eines Polizisten gegen einen Offizier, der für ein freies Schussfeld für seine MG-Stellung ein Verkehrszeichen entfernte. Also Republik gegen Republik!!
Teil 2: Einsatz der Fliegerkräfte aus der Sicht eines Zeitzeugen
Natürlich war der Draken-Einsatz rund um die Einsatzbereitschaft zur Luftraumsicherung/überwachung medial weitaus präsenter. Er verursachte durch die vielen dabei aufgetretenen gravierenden Unzulänglichkeiten in den Bereichen wie, Infrastruktur und vor allem bei der Piloten-Verfügbarkeit
ANMERKUNG: Wäre die Verordnung des BMLV, dass Unteroffiziere von der Zulassung zur Abfangjägerausbildung ausgeschlossen sind, schon früher gekommen, hätte das Bundesheer gleich 2 Drakenpiloten weniger gehabt! Ein Umstand, der eigentlich nicht weiter diskutiert worden ist, vielleicht auch aus Unwissenheit! fürweitaus mehr Beachtung und auch erhebliche Nach-wirkungen, die aber durchaus im positiven Sinn für den Betreiber verliefen. Nicht zuletzt gab und gibt es gerade über diesen Einsatz genügend Presse-berichte und Publikationen, sodass auch ein breiteres Publikum darüber Bescheid weiß. Doch es lohnt sich durchaus auch ein Blick in die „2.Reihe“ des Einsatzes der Fliegerkräfte, der mit dieser Zeitzeugenschilderung folgt.
Einsatzort Fliegerhorst ZELTWEG
Es berichtet der damalige AuswUO/NavUO der 1. Staffel/ÜbwGchw, Vzlt Bösel
„Ich will dort anknüpfen, wo ich im Teil I über die allgemeine Situation des 28. Juni berichte.
Die 1. Staffel, Piloten und Flugzeuge waren also am Nach-mittag zur Ver-stärkung und Konzentrierung der Kräfte nach GRAZ/THALERHOF verleg worden, für mich auf unbestimmte Zeit. Zurück blieb ein Staffelangehöriger, der an diesem Freitagnachmittag nicht wusste, wann er seinen Dienst beenden kann, ob noch Aufträge zu erwarten waren, ob er überhaupt nach Hause fahren konnte, was er seiner Familie sagen soll und – von wem er am nächsten Tag weitere Befehle erhalten würde.
Nun, angesichts dieser Tatsachen kann man mir nun nicht verübeln, wenn ich von einer wenig vorgeplanten, und eher überhasteten Aktion spreche! Es wird wohl so sein, dass alles abgesprochen war, mir kam es jedenfalls so vor, dass von dem strapazierten Begriff der „vorbereitenden Maßnahmen“ nicht viel zu sehen war.
Irgendwann nach Dienstende fuhr ich dann doch nach Hause, nicht wissend, was der nächste Tag für mich bringen sollte.
Das sollte sich aber bald herausstellen, denn am Samstag, den 29. Juni verlegten mehrere flugklare Saab 105OE vom JaBo-Geschwader HÖRSCHING auf den Flugplatz nach ZELTWEG – und mir oblag die Aufgabe, einen Staffel-gefechtsstand einzurichten und die Funktion eines GefStdUO wahrzunehmen. Ich war also mehr oder weniger dem JaBoGeschw unterstellt, aber nicht wissend, welcher Kommandant für mich truppendienstlich zuständig war. Das der Kommandant „an keinem Platz gebunden ist“, diesen Passus aus der Dienstvorschrift war mir wohl bekannt, aber hätte mein Staffelkommandant in GRAZ ein „Ohr“ für mich gehabt, wenn ich in der Hinsicht etwas gebraucht hätte? Außerdem war meiner Erinnerung nach nie ein schriftlicher Befehl vorhanden, der meine „Abstellung“ geregelt hat.
Operativ wurde von nun ab die Saab 105 OE von Zeltweg aus als bewaffneter Aufklärer eingesetzt, und das hauptsächlich entlang des grenznahen Raumes in KÄRNTEN. Ausgerüstet waren die Flugzeuge mit je 2 Stk. 30mm Bordkanonen, die, in ihren mächtigen Außenbehältern verbaut, von der Bevölkerung meistens irrtümlicherweise als Außentanks bezeichnet wurden.
Meine Tätigkeit unterschied sich jetzt im Ernstfall überhaupt nicht von den Tätigkeiten, die bei den jährlich stattfindenden Luftverteidigungs-Übungen zu erledigten hatte. Verbunden mit einer Direktleitung zur EZB St.Johann im Pongau (und zurMCC nach Wien) ergingen von dort die Einsatzbefehle direkt an den GefStd. Und es wurden dieselben Formulare zur Weitergabe der Aufträge an den Vorgesetzten der 105-Staffel verwendet wie bei einer Übung.
Nun ja, das ist schon klar, man übt ja für den Ernstfall. Und nun waren es echte Einsätze, mit einem realen Gegner und mit scharfer Munition auf beiden Seiten. Es konnte bei jeder Mission vorkommen, dass ein Flugzeug abgeschossen worden ist oder durch Feindeinwirkung beschädigt nach Zeltweg zurückfliegen hätte müssen, und das alles mit unübersehbaren Folgeerscheinungen.
Das KorpsKdo I, das leitenden Kommando für diesen Sicherungseinsatz, richtete nach ein paar Tagen jedenfalls an uns die doch die eigenartige Anfrage, welche Bewaffnung es für die Saab 105 OE noch gäbe. Ja, und so wurden an den Jets bald darauf zusätzlich zu den beiden Kanonen-Pods noch je 2 Stk. ungelenkte 7,62 mm Raketen montiert. Deren Zielgenauigkeit war dem-entsprechend vernachlässigbar, man fragt sich im doch, aufwas hätte die 105-Piloten schießen sollen. In Fliegerkreisen wurden diese Raketen auch scherzhalber „Fliegerpfeile“ genannt.
Für mich nachträglich halt ein Zeichen, dass es vielleicht nicht wirklich ideal ist, wenn die Fliegertruppe von einem Landstreitkräftekommando geführt wird. Denn unter Führung durch ein AOC (Air Operations Center) oder AOCC (Air Operations Coordinations Center) wird den Staffeln befohlen und nicht nachgefragt!
Blick in das AOC in der EZ/B, wie es sich im Jahre 2008 darstellte. Elektronische Datenverarbeitung und Datenverbund war immer schon oberstes Ziel für die Techniker aus dem Rechenzentrum der LRÜ.
un stand ich also da, konfrontiert mit Piloten einer anderen Einheit, die da im Flugvorbereitungsraum auf ihre Einsatzflüge warteten. Nicht dass ich sie nicht kannte – von dort kam ja unser „Nachwuchs“ für den Draken – aber es gab bisher so gut wie keine Zusammenarbeit. Außerdem kamen sie nicht nur geo-grafisch gesehen aus einer anderen Gegend, auch ihre Mentalität sowie ihr Durchschnittsalter war doch unterschiedlich zu unseren Drakenpiloten. Aber, alle waren sie jedenfalls hoch motiviert und voller Tatendrang.
Obwohl wir kein zusammengespieltes Team waren, florierte der Betrieb von Anfang an sehr gut, außerdem hatte ich ja auch genug Routine, um mit dieser für mich neuen Situation zurecht zu kommen. Ein Bild habe ich jedenfalls immer noch im Kopf. Da saß doch ein junger 105-Pilot an seinem Lehrsaaltisch – und vor sich am Tisch lag sein Fliegerhelm mit der Aufschrift seines taktischen Ruf-zeichens“ MAVERICK“. Einige Jahre später sollte er dann leider bei einem Übungsflug imRaum WINDISCHGARSTEN mit seiner Saab 105 OE tödlich abstürzen.
So gut unsere interne Zusammenarbeit unter diesen Rahmen-bedingungen auch funktionierte, insgesamt gesehen verlebten wir aber doch ein wenig ein „Inseldasein“, wir waren ja eigentlich nur eine „Zelle“, losgelöst von der nor-malen Organisation bzw. Gliederung! Und am Gefechtsstand, wo sonst ja alle Informationen zusammenlaufen, erhielten wir auch nicht die Information, die uns einen Überblick über die Lage-entwicklung und über den Ablauf der Situation in Slowenien und deren Auswirkungen auf Österreich verschaffen sollte. Außerdem verfügten wir über kein Luftlagebild – das System „Kreidfeuer“ gab es damals ja auf Staffelebene noch nicht.
Und stark in Erinnerung blieb mir auch eine Aktion des Dienstführenden UO aus Hörsching, der sich um die truppendienstlichen Belange der Piloten und Techniker kümmern musste. Jedenfalls war eine seiner ersten Aktionen, dass er neben der DfUO-Kanzlei mit Klebestreifen eine ArtBriefkasten mit der Aufschrift „Feldpost“ montiert hatte, und das auf der relativ frisch renovierten Wand in der Halle II. Nun ja, jeder Krieg fordert halt so seine Opfer – und der Schaden an der schönen Wand war dann doch nicht so arg“.
Teil 3: Lehren und Konsequenzen aus dem Einsatz
Das Primat der Politik -Fluch oder Segen?
Auch in diesem Konflikt konnte man, zumindest am Beginn der Krise, die Vorreiterrolle der Politiker erkennen, wenn es darum ging, militärische Schritte einzuleiten. Und das aber nicht immer zum „Segen“ des Militärs. Sagen wir so, es war verkraftbar, im Gegensatz dazu, was uns die Geschichte lehrt. Und Beispiele davon, wie das Primat – ohne dement-sprechende Ausbildung bzw. Vorkenntnisse über die militärischen Fachleute hinwegfegte – gibt es ja zur Ge-nüge. So z.B. die Entscheidung des damaligen britischen Marineministers Winston S. Churchill, am Beginn des 1. Weltkrieges das Osmanische Reich bei GALLIPOLI anzugreifen. Das Ergebnis ist bekannt, zig Tausende britische und australische Soldaten mussten dort ihr Leben lassen.
Oder Adolf Hitler, auch genannt der „Führer“. Bei ihm reihte sich ja eine Fehlentscheidung nach der anderen. Aber hätte der Krieg gar eine humanere Wende genommen, hätte er nicht das „Halt“ vor DÜNKIRCHEN gegen den Willen der Generalität befohlen? Vielleicht wäre es durch diese „Geste“ gar zu einem Friedensvertrag mit England gekommen! Aber niemand kann diese Frage beantworten. Seine größte Fehlentscheidung war jedoch der jahres-zeitlich zu spät begonnenen Winterkrieg im Osten mit dem Drama, der Schlacht um Stalingrad.
Immerhin, Winston Churchill war Dragoneroffizier mit der üblichen „Auslands-verwendung“ für britische Offiziere, nämlich in Indien.
Adolf Hitler hingegen brachte es gerade zum Gefreiten mit einer bescheidenen Tätigkeit als Melder/Schreiber im Ersten Weltkrieg.
Ja, und wenn mit dem Alter dann noch der Starrsinn zur Unfähigkeit dazu-kommt, gibt es eigentlich nur einen Verlierer, nämlich den Soldaten, und das vom einfachen Schützen hinauf bis zur Generalität. Der ehemalige „Panzer-general“ der deutschen Wehrmacht, GUDERIAN konnte davon ein Lied singen. In einer eindrucksvollen Biografie hat er diesen Umstand für die Nachwelt zu Papier gebracht.
Ein interessantes Detail sei hier aber auch erwähnt. Als Staatsmänner trafen sich Churchill und Hitler nie, doch im Ersten Weltkrieg lagen sie sich in Flandern an der Front einmal keine 400 m gegenüber!
Doch gehen wir weiter in dieser Betrachtungswelt und zu einem Ereignis, das sich im Jahre 1995 keine 600 km südlich unserer Landeshauptstadt Graz ereignete, und wo sich die UNO und 3 Präsidenten von Großmächten mehr oder weniger mit Blut befleckten. Die Rede ist vom holländischen UN-BatKdten Obstlt KARREMANS, der trotz eindringlicher Warnung durch das Militär und durch den US-Geheimdienst hinsichtlich der Lage in den von der UNO eingerichteten „Schutzzonen“ von der hohen Politik einfach im Stich gelassen worden ist. Sie wissen schon das Endergebnis: Eine dieser Schutzzonen war die Ortschaft SREBRENICA, wo die bosnische Bevölkerung Zuflucht suchten. Unter den Augen der nur leicht bewaffneten und damit eher zahnlosen holländischen UN-Soldaten.
ANMERKUNG: Einige von ihnen wurden als menschliche Schutz-schilder von den serbischen Soldaten an Lichtmasten gekettet wurden – die Zahlen schwanken bis heute zwischen 6.000 – 40.000 – Bosnier, Frauen, Kinder und alte Männer abtransportiert und anschließend ermordet.
Doch schließen wir den Kreis und schauen wir uns abschließend noch eine gutes, zwar unblutiges, aber doch sehr kostspieliges Beispiel für „Politik first“! Anfangs 2000 ging es um die Nachbeschaffung unserer in die Jahre ge-kommenen Drakenflotte. Natürlich, und wie könnte es auch anders sein, wurden vorerst Fachleute der Fliegertruppe damit betraut, mögliche Nach-folgemuster zu Evalieren. Kosten und Mühen wurden nicht gescheut, ein Evaluierungsteam von 2 Offizierspiloten und einem Techniker aus dem Bereich des MSL wurden nach ISRAEL, RUSSLAND und nach AMERIA entsandt, um dort vor Ort mögliche Kandidaten zu testen. Waren hier die Kosten noch einigermaßen gering, sah das beim weiteren Testprogramm schon anders aus. So wurde die Fa. Saab, Schweden und die Fa. Dassault, Frankreich nach Österreich, genauer gesagt nach ZELTWEG eingeladen, ihre Produkte vorzuführen. Man kann sich ungefähr die Kosten ausrechnen, wenn jeweils eine ca. 20-köpfige ausl. Delegation für eine Woche hier verweilte.
Der Ausgang ist bekannt. Bald einmal stieg die Fa. Dassault als Anbieter ihrer MIRAGE 2000 Kampfflugzeuge aus, weil sie an der Seriosität des österreichischen Auswahlverfahrens zweifelte. Am Ende dieses kostspielen Prozedere stieg – wie einst Phönix aus der Asche und überhaupt nicht als Evalu-ierungskandidat vorgesehen – der Eurofigter der Eurofighter GmbH.
Doch was bei der Bewältigung dieses Konfliktes noch mehr ins Auge sticht, ist doch die Tatsache, dass zur staatstragenden Politik auch ein gerüttelt Maß an Parteipolitik hinzukam. Denn da agierte auf der einen Seite ein gelernter Sozialist als SPÖ-Bundeskanzler, dem ein gelernter Diplomat als ÖVP-Außenminister gegenüberstand. Und dazwischen, sozusagen eingeklemmt zwischen zwei ideologischen Machtblöcke, der Verteidigungsminister.
Und ein Aspekt findet in der literarischen Nachbetrachtung nur eine kurze Erwähnung , und zwar der der Rolle des Auslandsgeheimdienstes. Was wussten sie im Vorfeld der Kampfhandlungen, wie konnte sie die politisch Verant-wortlichen beraten, um angemessen auf eine etwaige Bedrohung unseres Territoriums reagieren zu könne. Dass es sich bei diesen militärischen Auseinandersetzungen um einen reinen innerjugoslawischen Konflikt ohne Strahlkraft in ein Nachbarland handelte, darauf machte unser Auslands-geheimdienst sehr wohl aufmerksam. Und immerhin, zur Unabhängigkeits-feierlichkeit waren ja einige wenige Politiker vor Ort, da hätte man in bi-lateralen Gesprächen oder beim einfachen „Small talk“ doch erfahren können, welcher Art die Intentionen der Konfliktparteien sind.
Verbesserung der Waffenausstattung im Bereich der Fliegerdivision
Man soll sich nichts vormachen und in die eigene Tasche lügen. So bravourös in den Augen der Bevölkerung unsere Luftstreitkräfte aus diesem Konflikt auch hervorgingen, so schlecht wäre es um unser Abwehrverhalten in der Luft gestanden, wäre die Lage noch weiter eskaliert. Erstaunlicher Weise wurde in den medialen Nachbetrachtungen auf diesen Punkt überhaupt nicht ein-gegangen, man blieb offensichtlich lieber bei dem Spruch „Guat is gaungan, nix is gschehen“, als dass man sich mit Gedankenspiele, die nicht von der Hand zu weisen gewesen wären, ernsthaft und seriös beschäftigt hätte.
Den immerhin war die Luftwaffe Jugoslawiens mit ca. 32.000 Mann und ca. 1000 Flugzeugen unter-schiedlichster Typen den österreichischen Luft-streitkräften haushoch überlegen.
So standen in den Reihen der jugoslawischen Fliegerkräfte folgende Kampfflugzeuge wie
- MIG-21 FISCHBED
- MIG-29 FULCRUM
- Soko S-22 ORAO
die damals den westlichen Düsenjägern als gleichwertig einzustufen waren.
Und da diese Kampfflugzeuge alle mit Kurzstrecken-Lenkwaffen ausgestattet waren, wären bei Luftkämpfen unsere Drakenpiloten angesichts der geringen Einsatz-schussweiter der Bordkanonen gar nicht zu einem Schuss gekommen, weil sie vorher schon längst von einer LW ge-troffen worden wären.
Daher war das Nachrüsten unserer Abfangjäger mit Lenk-waffen und das Up-grading zur Version Mk.II. das mindeste, was man in diesem Bereich tun konnte, sozusagen ein Gebot der Stunde!
Aber auch in der passiven Fliegerabwehr wurde investiert. Um auch bodennahe Flugbewegungen frühzeitig erkennen zu können, beschaffte man das mobile Tiefflieger-Erfassungs-radar (TER) der französischen Firma THOMSON-CSF mit einer Reichweite von 1,5 bis 80 km.
Einige Jahre danach wurde als Ablöse für die Rohrwaffe für die Fliegerabwehr die Fliegerabwehr-Lenkwaffe „MISTRAL“ – ebenfalls vom selben französischen Hersteller mit dem dazugehörigen ebenfalls mobilen Zielerfassungsradar (ZZR) angekauft.
Verbesserung der Infrastruktur
Eine der auffälligsten und auch für die Öffentlichkeit sichtbare war der Bau von Alarmshelter am FlH GRAZ-THALERHOF und ZELTWEG. Hier hatten jeweils 2 Abfangjäger + 1 Reservemaschine der Einsatzbereitschaft für die LRÜ einen wetterfesten Unterstand. Diese Shelter wurden in offener Bauweise errichtet – also ohne Tore – sodass die Flugzeuge ohne Zeitverlust heraus und nach Rückkehr vom Einsatz auch gleich wieder hineinrollen konnten.
Der Alarmshelter für die EB-Maschinen am Flughafen NITTNER, GRAZ/THALERHOF (oben), und am Fliegerhorst HINTERSTOISSER in ZELTWEG. Man sieht hier auch gut die relative einfache Bauweise des Gebäudes. Außer Stromanschlüsse gab es ja keine sonstigen Versorgungsleitungen.
und von außen…
Die Pistenverlängerung war keine direkte Schlussfolgerung aus der Slowenien-krise, den das Einvernehmen mit der Gemeinde FOHNSDORF wurde schon vorher hergestellt. Das es angesichts des Bundesheereinsatzes schließlich beschleunigt in Angriff genommen werden konnte, steht aber auch außer Frage.
Organisation- Heeresgliederung NEU
s liegt in der Natur der Sache, dass Personalmaßnahmen immer sehr lange brauchen. Denn bei solch Gliederungen geht es ja, abgesehen vom militärischen Sinn, immer auch um Dienstposten-Wertigkeiten, Aufstiegschancen, und damit natürlich um Verdienstmöglichkeiten, bei den Offizieren und sonstiger persönlicher Befindlichkeiten.
Es brauchte immerhin bis ins Jahr 2006, als am 01. September das Über-wachungsgeschwader im Zuge einer Neuorganisation des Bundesheeres – Schaffung des Streitkräfteführungskommandos – dem Teilstab/Luft mit Sitz in SALZBURG unterstellt worden ist. Diese Maßnahme wurde in unserem Bereich sicher von allen sehr begrüßt, anerkannte man ja die fachliche Kompetenz dieses Kommandos. Und angesichts der Tatsache, dass das speziell das ÜbwGeschw durch die Aufgabenstellung der Luftraumüberwachung z.B. ja schon über einen längeren Zeitraum in enger Zusammen-arbeit mit der LRÜZ und dessen Mitarbeitern stand, war dieser Schritt nur logisch. Wenn viele Teileinheiten in einem Verband „dieselbe Sprache sprechen“, ergibt sich auto-matisch ja auch eine Verbesserung des Arbeitsklimas, was sich wiederum förderlich auf den Leistungs-Output auswirkt.
Auch die Eingliederung der damals noch als „Fliegerschule“ bezeichnete Ausbildungsstätte für Pilotenanwärter in den Verband der Luftstreitkräfte – nunmehr umbenannt in „Institut Flieger“ – sollte erfolgen. Denn bis dahin war der Verband als „Schule“ ja direkt dem BMLV unterstellt, und dadurch, wohl am selben Platz gelegen wie das ÜbwGschw, war es organisatorisch doch sehr weit weg.
wissenschaftliche Aufarbeitung
„Obwohl schon 25 Jahre vergangen sind, ist die wissenschaftliche Aufarbeitung erst in den Kinderschuhen“.
Das ist eine der markantesten Aussagen aus der Gedenkbroschüre, die an-lässlich des wissenschaftlichen Symposiums am16.06.2016 im Festsaal der Kaserne STRASZ ausgegeben worden ist. Der Veranstaltungstitel dafür lautete „1991-2016: 25 Jahre Sicherungseinsatz an der Staatsgrenze“. Geleitet wurde die Veranstaltung von Hofrat Univ.-Doz. Dr. Erwin A. Schmidl, Leiter des Institutes für Strategie und Sicherheitspolitik an der Landesverteidigungs-akademie.
Durch hochkarätige Vorträge von ObstltdhmfD Mag. Herwig Jedlaucnik, GenLt i.R. Dietmar Francisci, Oberst i.R. Erich Blüml, Bgdr Mag.Rupert Stadlhofer, Oberst Edwin Pekovsek und Oberst Doro Kowatsch erhielten die Zuhörer, darunter meine Wenigkeit, eigentlich einen Gesamtüberblick von den damaligen Ereignissen.
Der damalige Kommandant vom LRÜ, Bgdr Mag. Stadlhofer beleuchtete in seinem Vortrag nochmals die vielen Luftraumverletzungen durch jugoslawische Kampfflugzeuge. Insbesondere kam der Flug der MiG 21 zur Sprache, die am 28. Juni fast bis in den Großraum GRAZ eingedrungen war.
Und auch der damalige Mjr Kowatsch wusste zu berichten, wie er bei einem Patrouillenflug innerhalb der südsteirischen Grenzzone von einem Kampfjet der JVA, welcher auf slowenischem Gebiet flog, „begleitete“ wurde.
Höhepunkt aber waren die Beiträge von zwei ehemaligen Offizieren der JVA, Bgdr i.R. Venceslav Ogrinc und Bgdr i.R. Vladimir Maher.
Von diesen beiden Herren erhielten wir Informationen von den Ereignissen vor Beginn des Konflikts und während der Kampfhandlungen auf slowenischem Territorium, das so unmittelbar in Österreich noch nicht gehört worden ist.
Wir hörten von dem aus 6 Männern bestehenden „slowenischen Geheimbund“, wo unter absoluter Geheimhaltung und Verschwiegenheit für den Tag X in ganz Europa Waffen kauften – die Territorialkräfte verfügten ja über keine Waffen, bei Übungen im Rahmen der JVA mussten diese nach Übungsende wieder abgegeben werden.
So berichteten die beiden hochrangingen Offiziere über die Taktik, mit der es slowenische Territorialverteidigung schaffte, sich gegen die Aggression der überlegenen JVA-Kräfte zu behaupten.
Dazu wäre aber doch anzumerken, dass die JVA eigentlich nur halbherzig und mit „angezogener Handbremse“ agierte. Bei einer vollen Entfaltung der militärischen Kraft wäre der Konflikt sicher nicht so vorteilhaft für Slowenien und Kroatien ausgegangen.
Uns wurden Filmszenen vorgespielt, die man bisher in Österreich so noch nie zu sehen bekam. Nämlich slowenische Soldaten der NVA-Truppen, die einfach ihre Panzer stehen ließen, weil sie im Heimatland nicht gegen Landsleute kämpfen wollten.
Dazu noch ein anderes Beispiel, wie zwischenmenschliche Beziehungen sich auf die Kampfhandlungen auswirkten.
So erfuhr ein österreichischer Offizier von einem Offizier der TO, dass der Abzug der JVA-Kräfte am 1. Juli aus dem Raum Loiblpass nur deshalb so friktionsfrei verlief, weil die beiden gegnerischen Kommandanten nicht nur Slowenen, sondern überdies noch Schulfreunde waren. Hier an dieser Stelle sei auch die Bemerkung erlaubt – und die weitere Geschichte der Unabhängigkeitskämpfen beweisen dies drastisch – es fehlte in diesem für uns grenznahen Konflikt eine Volksgruppe, und zwar die der Serben. Man weiß nur zu gut, was sich in den Jahren 1992 bis 1996 bis zum Einschreiten der NATO in weiter südlich gelegenen Landesteilen ereignet hat.
Wir erfuhren auch, dass es insgesamt nur sehr wenige NVA-Panzer bis zur Staatsgrenze „schafften“, wo es dann aber insofern zu einer heiklen Situation kam, indem diese Panzer eingekreist waren, im Süden von heranrückenden Territorialverteidiger und im Norden einfach durch die österreichische Staatsgrenze und den dahinter positionierten Abwehrkräfte. Ein „Protest“ durch Belgrad an unsere Bundesregierung ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten.
Doch auch von österreichischer Seite erhielten wir Einblick in die schwierige Stabsarbeit beim KorpsKdo bei der Rekrutierung einsatzfähiger Soldaten. So waren die an der ungarischen Grenze eingesetzten Soldaten nicht die, die sie laut OrgPlan hätten sein sollen. Da der Einsatz an der Grenze sehr gut bezahlt war, meldeten sich nach und nach auch vermehrt auch NUO, WiUO und KzlUO – und besetzten dort z.B. die orgplanmäßigen Posten eines MG-Schützen oder Granatwerferschützen, ohne dafür aber ausgebildet zu sein. Dies führte jeden-falls dazu, dass in nächtelanger Stabsarbeit das Personal für die Einsatz-Organisationspläne mehrmals um-geschichtet werden musste.
Die Verantwortlichen hatten offensichtlich mehr gegen „rechtliche Grauzonen“ als gegen einen militärischen Feind zu kämpfen.
Schlusswort
Anscheinend tun sich österreichische Historiker aus dem politisch gesehen linken Lager immer schwer, wenn es um die Aufarbeitung von geschichtlichen Themen die mit „militärischen Kampfhandlungen und Soldatentum“ zu tun haben. So durfte für unsere Drakenflotte unter dem sozialistischen Verteidigungsminister DARABOS nie das Wort „Kampfflugzeug“ verwendet werden. Und dass man unsere Black Hawk-Hubschrauber auch bewaffnen könne, durfte auch nie erwähnt werden, schließlich wurde die Flotte ja für „Transport- u. Rettungsflüge“ gekauft (GALTÜR lässt grüßen)
An das alles musste ich jedenfalls denken, als ich in WIEN im Haus der Geschichte (Anm.: einer der Kuratoren war der Historiker Oliver RATHKOLB) den Ausstellungsbeitrag zu diesem Konflikt sah! Mehr als eine 2 m lange Wandtafel mit ein paar Zeitungsartikeln war da nicht zu sehen. Keine Fotos von unseren im Einsatz stehenden Soldaten, keine Lagepläne, damit sich die heutige Jugend überhaupt vorstellen kann, wo das damals stattgefunden hat.
Damit ich richtig verstanden werde, ich spreche hier nicht von Helden-verehrung, aber alles soll in unserer Gesellschaft den Stellenwert bekommen, der ihm zusteht. Mir geht es dabei auch um Respekt und lehne jede Geringschätzigkeit aus ideologischen Gründen ab. Es ist jeder Leser herzlich dazu eingeladen, sich selbst im „Haus der Geschichte“ ein Bild davon zu machen, wie, ja fast erbärmlich dieser Einsatz an der Grenze – und immerhin war er ja bisher der Einzige in der Geschichte des Bundesheeres dargestellt wird. Keine 10 m daneben gibt es Ausstellungsobjekte zur unrühmlichen „Waldheim-Affäre“ u.a. mit einem überlebensgroßen trojanischen Pferd!
Und – der Dank des Vaterlandes ließ auch nicht lange auf sich warten, wenn man 10 Jahre als angemessene Zeitspanne betrachtet. Denn nach 10 Jahren erhielten alle Soldaten, die bei diesem Sicherungseinsatz dabei waren, erst ihre Erinnerungsmedaille samt Urkunde!
Und ist noch etwas, was zu Nachdenken anregen sollte. Wie schnell nämlich auch der Staat Österreich nach Beendigung dieser „Krise“ wieder zur Tages-ordnung ging. Was sich danach speziell in BOSNIEN abspielen sollte, berührte uns anscheinend nicht sosehr. Vor Kurzen sah ich eine Dokumentation über die amerikanische Folkkünstlerin und Friedensaktivistin Joan BAEZ, die während der Belagerung von SARAJEVO die Stadt besucht. Man sah unglaubliche Bilder vom Leiden der eingeschlossenen Einwohner, die über Monate ohne Strom- und Wasserversorgung in der eingeschlossenen Stadt auskommen mussten. Und mitten drinnen die weltberühmte Künstlerin, wie sie sich auf einen Sessel setzt und singt, auf dem sonst Tag für Tag ein Cellospieler im schusstoten Winkel sitzt und musiziert, während vor einer Bäckerei dahinter die Einwohner beim Einkaufen um ihr Leben fürchten müssen. Erst durch das Eingreifen der NATO mit der Operation „Allied Force“ wurde dieses Drama schließlich be-endet – nicht ohne diplomatischem Nachspiel. Denn es wurde jahrelang darüber debattiert, ob dieses Einschreiten zur Beendigung des Leids der dortigen Bevölkerung ohne UN-Mandat überhaupt „rechtens“ gewesen wäre. Eigentlich unglaublich angesichts des kläglichen Scheitern der UNO im Fall von SREBRENICA.
Abschließend möchte ich aber noch zwei Zeitungsartikel auszugsweise zu diesem Thema, erschien im TRUPPERDIENST-Sonderbeilage: „Der Einsatz des Bundesheeres an der Grenze zu Jugoslawien 27.Juni-31.Juli 1991 hinzufügen. Die sagen so ziemlich das aus, was ich auf den vorherigen Seiten teilweise mit eigenen Worten versucht habe, darzustellen:
Neutralität
„Man hat es noch im Ohr, das `friedensbewegte` Gerede mancher
in diesem Lande: `Wozu ein Bundesheer? Der große Friede in Europa ist doch ausgebrochen, und Militär istüberhaupt etwas Böses.` Spätestens heute sehen wir, wozu es ein Bundesheer gibt. … In Jugoslawien herrscht Krieg. Direkt an unserer Grenz wird gekämpft. Die jugoslawische Bundes-armee missachtet bei ihrem brutalen Vorgehen gegen das un-abhängige Slowenien die österreichischen Grenzen…. Unsere Regierung hat gerade noch rechtzeitig reagiert und schickt schwere Einheiten, darunter auch die so umstrittenen Abfang-jäger an die Grenze. Österreich ist neutral. Neutralität muss notfalls mit der Waffe verteidigt werden. So einfach ist das.
(Rau im „Kurier“, 29. Juni 1991)
Die Krise bringt es an den Tag
…es ist ferner ein Glück, dass es einer langen Kette von gleich-gültigen und ideologisch verbohrten Politikern nicht gelungen ist, das Bundesheer völlig zu demontieren. Wir haben das friedensbewegte Gefassel vom `Bundesheer abschaffen` noch gut im Gedächtnis, aber auch eine Art, wie man das Heer an das materielle Krepierhalfter hängte. Erst in den letzten Jahren wurde das Heer ein bisschen ernster genommen, wenn auch typisch halbherzig. Wir haben zwar Gott sei Dank Abfangjäger, aber nur 9 (in Worten: neun) Piloten für 24 Flugzeuge, keine Luft-Luft- und keine Boden – Luftraketen, ohne die heute keine Drittwelt-Guerilla mehr auskommt. Um es ganz brutal zu sagen: unsere Bodentruppen sind gegen Luftangriffe hilflos…
(Hans Rauscher im „Kurier“, 1.Juli 1991)
Fotosammlung vom Einsatz
Ich möchte meine Bilderreihe mit einem Foto beginnen, das wie kein anderes vermutlich am längsten im Gedächtnis der breiten Öffentlichkeit hängen geblieben ist. Es zeigt den Sicherungseinsatz am Grenzübergang SICHELDORF.
Die symbolische Darstellung der Befehlskette für den Einsatz:
Ganz oben das BMLV, dann das KopsKdo I, darunter die MilKdo´s STEIERMARK und KÄRNTEN, sowie die Kdo/FlDiv.
Hier die graphische Darstellung der eingesetzten Kräfte mit Stichtag 5. Juli. Das Kdo/FlDiv wird als „aZa“ (auf Zusammenarbeit) dargestellt!
Der zu verteidigende Einsatzstreifen – (in blau ist die Staatsgrenze dargestellt) im Osten von BONISDORF im Burgenland bis zum Dreiländer-eck ITALIEN, SLOWENIEN, ÖSTERREICH im Westen – gut 300 km.
In der Graphik die Aufteilung der Verantwortungsbereich der Truppenteile.
SLOWENIEN schafft Fakten. Nach der formellen Unabhängigkeitserklärung vom 25.06.1991 werden in aller Eile Tafeln mit der neuen Landesbezeichnung an den Grenzübertrittsstellen aufgestellt.
Erste Scharmützel hart an der Grenze zu Österreich zeigen den Ernst der Lage, hier im Bild ein MI-8 Sanitätshubschrauber der NVA. Luftraumverletzungen waren danach bis zur Stationierung der Draken an der Tagesordnung. Dies aber hauptsächlich nur daher, weil die NVA-Flugzeuge über österreichischem Hoheitsgebiet einkurvten, um so von Norden her die slowenischen Territorialkräfte angreifen zu können. Mit diesen Flugmanövern wollte man einen Beschuss und Beschädigungen auf österreich-ischem Hoheitsgebiet vermeiden. Anhand der österreichischen Flagge sieht man aber auch die Nähe zur Grenze!
Aber ganz ließ es sich doch nicht vermeiden, dass die Kampfhandlungen auch in Österreich ihre Spuren hinterließen. Hier im Bild eine Panzer-granate, die ca. 2000 m von der Grenze entfernt auf österreichischem Territorium gefunden worden ist.
Am Anfang war offensichtlich „Beobachten und Melden“ angesagt. Frei nach dem Motto „Was geht hier vor?“
Ein Bild mit Symbolcharakter, anfangs war noch nicht ganz klar, ob das Militär oder die zivilen Sicherungskräfte das Sagen haben. Von links nach rechts: General FALLY, Verteidigungs-minister Werner FASSLABEND, der Kärntner Landeshauptmann Christof ZERNATTO sowie dessen Stellvertreter Peter AMBROZY.
Und auch die Fliegerkräfte für die Luftraumsicherung werden aktiv. Am FlH THALERHOF zieht man die Abfangjäger Saab S35Ö Draken, verstärkt durch die 1. Staffel aus ZELTWEG, zusammen. Für die Handvoll Piloten beginnt nun ein zermürbender Einsatz in Form einer über mehrere Tage angeordnete Sitz-bereitschaft für die Einsatzpiloten bzw. einer 24h-LRÜ
…und unsere Draken fliegen mit scharfer Munition an Bord. Im Bild: Boden-personal beim Aufmunitionieren den Flieger mit den 30mm Geschossen.
Eine der gravierensten Mängel im Einsatzflugbetrieb war die mangelnde Infrastruktur am Platz. Hier sieht man Drakenpilot Vzlt STRIMITZER im Cockpit mehr oder weniger schutzlos dem Wetter ausgesetzt. Verschärft wurde die Situation überdies auch noch durch eine eklatante Unter-besetzung an Piloten.
Schön langsam formiert man sich, wie hier bei einer Lage-einweisung in der Nähe von BLEIBURG durch den Kommandanten der Kampfgruppe 9, Obstlt dG Horst WALTHER (im Bild ganz re.)
Dazu sei eine Anmerkung eines langgedienten Unteroffiziers zur Adjustierung von Gen. FALLY erlaubt: Halbschuhe, Anzug 75-Hose ohne Hosenabschluss aber mit Feldgurt und Bewaffnung.
Die eingesetzten Infanteriekräfte beginnen mit dem Stellungsbau. Hier wird zur Sicherung des Grenzüberganges SICHELDORF ein MG-Nest aus-gehoben.
Das lange Zögern der Bundesregierung ist beendet. Was die Landes-hauptleute Dr. Josef KRAINER und Christof ZERNATTO vehement gefordert hatten, wird nun doch umgesetzt. Durch patrouillierende KÜRASSÜR-Jagdpanzer zeigt das Bundesheer „Flagge“ – wie hier in der Innenstadt von FELDBACH. Die Szene mutet doch ein wenig skurril an, was wie eine Waffenschau“ für die Gäste im Kaffeehaus-Schanigarten aussieht, war ja doch ein sogenannter „Ernstfall“. Es wurde aber auch nirgends ein militärisches Sperrgebiet oder eine Gefahrenzone errichtet, die Bevölkerung konnte sich also immer frei bewegen.
Jedenfalls relativ spät erging der Erlaß des BMLV für den „Einsatz von Teilen des Bundesheeres“, datiert vom 28.06. und unterzeichnet von Verteidigungs-minister Dr. Werner FASSLABEND. Dieser Befehl stellte die erste Planungs-grundlage für das KorpsKdo I dar. Einen Tag später vereinbarten die jugos-lawischen Konfliktparteien den ersten Waffenstillstand. Dr. FASSLABEND war ob der langen Verzögerung angeblich so erbost, dass er die Auslösung des AK tatsächlich mit 30. Juni befahl.
Am Fliegerhorst ZELTWEG sind in der Zwischenzeit Saab 105OE aus LINZ/HÖRSCHING eingetroffen. Ihre Mission war, entlang des Grenz-verlaufes bewaffnete Aufklärung zu fliegen. Dafür waren sie mit der Standardbewaffnung, der 30mm Bordkanone in den Außenbehälter ausgerüstet. Später sollten noch 7,62 mm ungelenkte Raketen dazu-kommen.
Man muss sich zu obiger Bewaffnung noch die ungelenkten Raketen vorstellen. Mit dieser gesamten Außenlastbewaffnung sahen die Saab 105OE jedenfalls fast furchterregend aus.
Auch bewaffnete PILATUS PC 7 – Turbotrainer der damaligen Flieger-schule kamen für Aufklärungsflüge zum Einsatz.
Die Einsatzflugplätze ZELTWEG und GRAZ/THALERHOF wurden vom Fliegerabwehrbataillon 2 aus ZELTWEG mit den 35mm OERLIKON-Fliegerabwehrkanonen 85 gegen Angriffe aus der Luft geschützt.
Eine heikle – und im Nachhinein gesehen – die vielleicht gefährlichste Situation auf der slowenischen Seite der Grenze gegenüber von BAD RADKERSBURG. Schützenpanzer und Kampfpanzer der NVA fühlen sich „eingekesselt“, von Süden her durch die Territorialkräfte Sloweniens und vom Norden her durch die Anwesenheit von Kampfgruppen des öBH. Der Protest aus Belgrad ließ nicht lange auf sich warten.
Österreich reagiert auf die massiven Vorwürfe durch die Regierung in Belgrad und unterweist das akkreditierte Militärattachekorps – darunter auch den Ver-treter der SFRJ – in den militärischen Einsatz des Bundesheeres ein.
Aber auch am 29.06., also ziemlich am Höhepunkt der Krise, schauen Lage-besprechungen so aus, als ginge es um eine mil. Übung mit Vertretern von Zivilorganisationen. Man sieht hier von li. nach re. Vertreter der Gendarmerie, des Militärs, der Stadt Graz und der Bezirkshauptmannschaft BAD RADKERSBURG.
Von allen Seiten hervorgehoben wurde jedenfalls die gute Zusammenarbeit zwischen dem Bundesheer und anderen öffentlichen Stellen, wie z.B. mit der Österreichischen Post, ORF oder ÖBB.
Eine Rotte Draken-Abfangjäger starten vom Flugplatz GRAZ/ THALERHOF zu einem weiteren Einsatzflug. Trotz fehlender Außenlast-Bewaffnung stärkte allein das Erscheinungsbild der Abfangjäger das Vertrauen der örtlichen Bevölkerung in die Landesverteidigung.
Im Zeitalter von Lenkwaffen, und das waren wir 1991 schon längst, bezeichnet man in der Fachsprache solch eine Konfiguration als „clean“! Unter dem Rumpf sieht man übrigens 2 Außentanks zur Reichweitensteigerung.
Man veranschauliche sich nur, wie z.B. amerikanische Kampfflieger in einen Krieg ziehen, hier z.B. F-16-Rotte mit Bewaffnung
Standortwechsel Fliegerhorst Hinterstoisser, ZELTWEG. Eine Saab 105 OE kommt von einer Aufklärungsmission zurück. Das Aufklärungsergebnis wurde vom Einsatzpiloten mündlich dem GefechtsstandOffz gemeldet, dieses wurde dann mittels einer schriftlichen Einsatzmeldung an die LRÜZ weitergeleitet. Anm.: Da die Saab 105 OE mit einer weitaus kürzeren Landerollstrecke auskam, konnten die Arbeiten zur Verlänger-ung der Piste trotzdem weitergeführt werden.
Die grenznahe Bevölkerung hatte nun sozusagen ein „Bundesheer zum Angreifen“. Hier geht eine 155mm Panzerhaubitze M 109 A5 Ö nahe der Grenze in Stellung. Der steirische Landeshauptmann jedenfalls hatte sein „Show of Force“ für seine Landsleute – und auch Wahlvolk!
Die Anerkennung und der Dank der Bevölkerung an die eingesetzten Soldaten war jedenfalls sehr groß, was sich u.a. an diesem Foto mit der Überreichung von „Verpflegszubußen“ eindrucksvoll beweisen lässt.
Jedenfalls ein versöhnlicher Abschluss für uns Soldaten, ist doch die Akzeptanz der Bevölkerung der größte Lohn für unseren Einsatz, und mehr wert als alle politischen Lobhudeleien.
Schauplatzwechsel an einen Grenzübergangen, wie hier in Spielfeld! Es wurde auch während der Krise kontrolliert, obwohl es keinen grenzüberschreitenden Verkehr gibt. Die Waffe des Zollbeamten ist eine MP 40, die Standardwaffe in der ehemaligen deutschen Wehrmacht. Sie war aber auch im österreichischen Bundesheer, so z.B. bei den Kradmeldern, im Einsatz.
Beginnend mit 25. Juli wurden die eingesetzten Kräfte von der Grenze zurückgenommen. Für die weiter entfernten Truppenteile wird es zu einer finalen Rückverlegung in die Heimatkasernen.
Für alle am Einsatz beteiligten Bundesheersoldaten gab es nach Beendigung des Sicherungseinsatzes solche Einsatzurkunden, wie hier vom Land Steiermark und…
Nur auf die eigens für die am Einsatz beteiligten Soldaten geschaffene „Einsatz-Medaille“ mussten wir, wie gesagt, länger warten. Sie gelangte nämlich erst im Jahr 2001 zur Verteilung an die Truppe!
Zur Bildergalerie sei noch eine Anmerkung vom Autor erlaubt: Der geschätzte Leser hat es sicher vermisst, aber trotz eifrigen Suchens konnte kein Foto gefunden werden, dass den steirischen Landeshauptmann Dr. Josef Krainer bei der Truppe oder gar bei den von ihm vielgelobten Piloten und Technikern am FlH GRAZ/THALERHOF gezeigt hätte.
Bild -u. Literaturnachweis:
Alle Fotos ohne Quellenhinweis sowie Textpassagen, insbesondere die von der tagtäglichen Schilderung der Ereignisse entstammen der Broschüre „An Österreichs Grenze – die Slowenienkrise“
Redaktion: Univ. Doz. Dr. Erwin A. Schmidl, Vehling Medienservisce und Verlags GmbH GRAZ